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BELUR UND
HALEBID (Karnatka), Süd-Indien
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Karnataka: Vidhana Soudha, Bangalore |
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Zusammen mit dem Tempel in Somnathpur sind
die Tempel in Belur und Halebid wohl die prägnantesten
Beispiele für hinduistische Baukunst und kulturelle
Entwicklung. Sie sind wirklich phantastisch und können in
Bezug auf die Skulpturen durchaus mit denen in Khajuraho und
Konarak konkurrieren. Aber nicht nur das, sie halten einem
Vergleich auch mit den gotischen Bauten und der gotischen
Kunst in Europa stand. Die unzähligen detaillierten Skulpturen
am Tempel in Halebid lassen dieses Bauwerk zum bedeutendsten
Beispiel für die Hoysala-Kunst werden. Da sind buchstäblich
jeder Zentimeter der Außenwand und ein Teil der Innenwände mit
vielen Hindu-Gottheiten bedeckt, aber auch mit Weisen,
stilisierten Tieren sowie Vögeln und Szenen aus dem Leben und
der Zeit der Hoysala-Könige. Nicht zwei dieser Figuren sind
gleich. Da sehen Sie Darstellungen aus Kriegen, Jagdszenen und
Bilder aus Landwirtschaft, Musik, Tanz sowie sehr feine
Skulpturen, die sich mit den Aktivitäten vor dem Tempel
beschäftigen (tanzende Mädchen). Einen großen Nandi (Shivas
Gefährt, ein Bulle) und eine aus einem Monolithen gehauene
Jain-Statue, die Lord Gomateshvara zeigt, können Sie ebenfalls
bewundern. |
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Belur:
Channekeshava Tempel |
Halebid:
Hoysaleshwara Shiva Tempel |
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Die Hosysala
Tempel sind niedrig sowie flach und haben nicht so
riesige Ausmaße wie die meisten anderen Tempel in Indien.
Wo sie aber an Größe zurückstehen, da macht die Liebe
zum Detail alles wett. Sie wurden aus Speckstein gehauen.
Er lässt sich relativ einfach bearbeiten. Mit zunehmendem
Alter und durch die Luft wird er immer härter. Der Hoysaleshwara-Tempel in Halebid entstand 10 Jahre nach
dem Bau des Tempels in Belur. Auch nach 80 Jahren
Bauzeit ist er nie richtig vollendet worden. In Halebid steht
noch ein kleinerer Tempel, der Kedareswara-Tempel.
Der
Channekeshava
Tempel in Belur ist von allen drei Hoysala-Tempeln der
einzige, der heute noch für religiöse Zwecke benutzt
wird. Ihn dürfen auch Nicht-Hindus betreten. In der
Ausführung gleicht er den anderen. Aber bei der
Gestaltung wurde mehr Wert auf die Ausarbeitung der
Säulen und der Türen-und Fensterstürze sowie auf größere,
aber immer noch fein bearbeiteten.
Abbildungen der Götter und
bewachenden Tiere gelegt. Wie in Halebid sind die Außenwände
mit Friesen übersät. Die beiden anderen Tempel, weniger
auffallend, sind der Channigaraya – und der
Viranarayana-Tempel. |
Die Hoysalas, die diesen Teil des Dekkan
zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert beherrschten, gehörten
ursprünglich Bergstämmen aus den Western Ghats an. Für lange
Zeit waren sie Lehnsherren der Chalukyas. Ihre völlige
Unabhängigkeit errichten sie erst 1190 n. Chr. Erste Merkmale
künftiger Macht zeigten sie jedoch schon von 1047-1078 n. Chr.
Unter ihrem Anführer Tinataditya. Er war geschickt genug, die
schwindende Macht der Ganges und Rashtrakutas auszunutzen.
Unter der Führung von Bittiga (1010-52 n. Chr.), besser
bekannt unter seinem späteren Namen Vishnuvardhana, sprengten
sie ihre eigenen Grenzen und gewannen an Macht. In diese Zeit
fällt auch der Bau der Tempel von Belur und Halebid.
Dies war auch die Blütezeit des Jainismus.
Er wurde von den Chalukyas und Gangas gefördert und geschützt.
Aber auch anderen religiösen Gruppen gegenüber war man
tolerant, eine Verfolgung aus diesen Gründen war unbekannt.
Bittigas Vorgänger und auch er selbst in den ersten Jahren
seiner Herrschaft waren ergebene Anhänger des Jainismus. Er
ermutigte sogar einen seiner Generäle, Gangaraja, die Jain-Tempel
wieder aufzubauen, die die Invasoren aus dem Süden (Shaivite
Chola) zerstört hatten. Während seiner späteren Herrschaft
geriet er dann jedoch mehr und mehr unter den Einfluss des
Heiligen Ramanuja, der dafür sorgte, daß Bittiga künftig an
Vishnu glaubte. Das Ergebnis seiner Konvertierung war, dass er
sich nun Vishnuvardhana nannte und sein Lebensziel darin sah,
Tempel für seine neue Glaubensrichtung erbauen zu lassen.
Eines aber behielt er bei: die Toleranz gegenüber
Andersgläubigen. Es gibt in der Tat Beweise dafür, daß er
sogar Spenden für Shaiviten –und Jain Tempel gab und sogar
noch nach seinem Übertritt zum Hinduismus eine Pilgerfahrt
nach Sravana-belagola unternahm. |
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Sein Wechsel des Glaubens löste auch
den Niedergang des Jainismus aus, obwohl das längst
nicht der einzige Grund war. Der Jainismus geriet immer
in Angriffe durch den berühmten Heiligen Ramanuja, und
die Korruption innerhalb der Priesterschaft tat das ihre
dazu. Zum völligen Untergang war der Jainismus aber
dennoch nicht verdammt. Immerhin hielten eine der Frauen
von Vishnuvardhana und ihre Tochter auch weiterhin an
diesem Glauben fest. Auch spätere Hoysala-Könige hielten
schützend die Hand über diese Religion. Dieses
friedliche Nebeneinander von Shaiviten. Vaishnaviten und
Jains erklärt auch die Tatsache, daß Abbilder von
Göttern all dieser Religionen und Sekten, ihrer Anhänger
und Gefährten an und in den Hoysala-Tempeln zu finden
sind. Die ersten Tempelbauten dieser Dynastie wiesen im
Stil noch Ähnlichkeiten mit |
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Belur:
Figur im Tempel |
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denen der Chalukyan-Herrscher auf. Spätestens aber zur Zeit der
Regentschaft von Bittiga entwickelten sie ihren eigenen Stil.
Die typische Tempelform ist meist eine verhältnismäßig kleine,
sternformige Konstruktion, die auf eine Plattform gesetzt wird.
Damit bekommt der Bau eine gewisse Höhe, die ihm Würde
verleiht. Besondere Beachtung widmete man der Verzierung durch
feine Skulpturen.
Den Abbildungen kann man leicht entnehmen,
daß Musik und Tanz in höchster Perfektion eine bedeutende
Rolle spielten. So wie Kathakali in Karala tanzt, so brachte
man hier religiöse Inbrunst, die Freude über einen Sieg oder
auch nur einfache Freude zum Ausdruck. Eines haben aber am
Ende doch beide Richtungen gemein, nämlich dass es eine Zeit
gewesen sein muss, in der die sexuelle Freiheit einen großen
Raum einnahm und man den Frauen in dem Maße gestattete, am
öffentlichen Leben teilzuhaben, wie den Männern. Die meisten
Bücher, die in Indien über die Tempel von Belur, Halebid und
Khajuraho erschienen, preisen zwar die Skulpturen in hohem
Maße, gehen aber über diese bestimmten Darstellungen hinweg.
Warum das so ist, ist kaum zu verstehen. Liegt es daran, dass
im Leben eines Durchschnitts-Inders, besonders auf dem Lande,
die Sexualität keinen so hohen Stellenwert besitzt? Aber vor
einem Jahrhundert waren ja auch unsere Vorfahren leicht
geschockt, als sie die Skulpturen an den indischen Tempeln zum
ersten Mal erblickten!
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