Inder und Inderinnen - Sprachen in Indien
Inder und Inderinnen |
Indien gilt
neben der Volksrepublik China als das bevölkerungsstärkste Land der
Welt. Im Vergleich zur hohen Einwohnerzahl von weit über einer
Milliarde Menschen ist es erstaunlich, dass die indische Bevölkerung
nur 2,4% der Erdoberfläche bewohnt.
Die Bevölkerungsdichte liegt im Schnitt bei über ca. 400
Einwohnern pro km². Da sich der Großteil der Bevölkerung jedoch auf
die Städte und die fruchtbare Gangesebene konzentriert und weite Teile
des Landes wie Wüstengebiete und Hochgebirge fast unbewohnbar sind,
liegt die Dichte teilweise bei über 2000 Einwohnern pro km². In
Deutschland kommen auf die
gleiche Fläche durchschnittlich 221 Einwohner.
Im Jahr 1981 hatte Indien eine Bevölkerung von 687 Millionen Menschen.
Trotz einer Versuch der umfangreichen Geburtenkontrolle wächst sie
noch immer viel zu schnell. In den letzten Jahren seit der
Volkszählung von 1999 stieg sie auf über eine Milliarde Menschen und
explodierte weiter auf die gegenwärtige Zahl. Auch wenn Indien über
eine Vielzahl von Großstädten verfügt, gehören die Bewohner dennoch in
der Mehrzahl der Landbevölkerung an.
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Schätzungen zufolge
leben nämlich nur 40% Inder in Städten.Mit der wachsenden
Industrialisierung nimmt die Landflucht allerdings ständig zu.
Die indische Bevölkerung ist alles andere als homogen. Auch den
Außenstehenden fallen einige Merkmale leicht ins Auge: Da sind z. B.
die relative kleinen Bengalen im Osten, die größeren und hellhäutigen
Menschen von Mittel – und Nordindien, die Bewohner von Kaschmir mit
ihren deutlich asiatischen Zügen, die Tibetaner von Ladakh und dem
Norden von Himachal Pradesh sowie die dunkelhäutigen Tamilen des
Südens. Es grenzt fast an ein Wunder, daß die Zentralregierung es
trotz all dieser regionalen Unterschiede schaffte, indische
Gemeinsamkeiten herauszufinden und so erfolgreich ein indisches Ethos
zu schaffen und ein Nationalgefühl zu erwecken. Obwohl die Mehrheit
der indischen Bevölkerung aus Anhängern des Hinduismus besteht, finden
sich auch große Minderheiten anderer Religionen. Hierzu zählen vor
allem die 76 Millionen Moslems, die Indien zu einem der größten
moslemischen Länder der Erde machen. Die Christen vereinen etwa 19
Millionen, die Sikhs etwa 13 Millionen, die Buddhisten 5 Millionen und
die Jains 3 Millionen Menschen. Ungefähr 7% der Bevölkerung werden
bestimmten Stämmen zugerechnet, die sich überall verstreut im Lande
angesiedelt haben, mit besonderen Schwerpunkten im Nordosten des
Landes sowie in Orissa und einigen anderen Provinzen.
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Geburtenkontrolle |
Immer wieder versuchte Indiens Regierung mit
unterschiedlichen Maßnahmen, eine Geburtenkontrolle durchzuführen. Die
Erfolge sind bisher bescheiden und weit davon entfernt,
zufriedenstellend zu sein. In jüngster Zeit vertreten viele
internationale Experten die Meinung, dass Geburtenkontrolle in Ländern
der Dritten Welt nicht allein und ausschließlich den Zweck haben
dürfe, die Zahl der Geburten zu senken, sondern der Bevölkerung mehr
Wohlstand bringen solle. Dieser wiederum bringt es dann mit sich, dass
weniger Kinder geboren werden. Denn solange Kinder die einzige
Hoffnung auf einen gesicherten Lebensabend und männliche Erben so heiß
ersehnt sind, ist die Geburtenkontrolle kaum als Druckmittel zu
benutzen. Zu Beginn der 70er Jahre zog die indische Regierung mit
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Postern und Werbesprüchen in einem groß
angelegten Werbefeldzug für die Geburtenkontrolle durch die Lande,
deren spektakulärste Kampagne daraus bestand, dass man den Männern,
die sich freiwillig sterilisieren ließen, ein Transistorradio
schenkte.
Noch immer findet man in allen Gebieten Indiens riesige
Wandgemälde an Gebäuden, die eine glückliche Familie mit nur zwei
Kindern darstellen. Weitaus schlimmer dagegen war die kurze Aktion
während des Ausnahmezustandes, in der Kommandos durch die Provinzen
zogen, um zu sterilisieren und wo sich niemand mehr nach Einbruch der
Dunkelheit in die Öffentlichkeit wagte. Sterilisiert wurden zu diesem
Zeitpunkt nämlich nicht nur Freiwillige. Durch dieses wenig zaghafte
Vorgehen wurde das Bemühen, die Inder mit der Geburtenkontrolle zu
befreunden, um Jahre zurückgeworfen. Derzeit spielt dieser Punkt im
Programm der Regierung keine wesentliche Rolle und die Bevölkerung
wächst weiterhin explosionartig an ! |
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Die Kasten |
Verwirrend und in geheimnisvolles Dunkel gehüllt, das
sind Indiens Kasten. Bei Reisenden sind sie Anlass zu immer neuen
Gesprächen und Diskussionen. Wie entstanden sie überhaupt, wie konnten
sie über einen so langen Zeitraum hinweg bestehen bleiben? Und
schließlich die vielen Probleme, die sie mit sich bringen. Die Anfänge
des Kastenwesens verlieren sich im Nebel der Geschichte, aber man kann
wohl davon ausgehen, dass sie von den Brahmanen oder Priestern
geschaffen wurden, um deren Machtposition und Sonderstellung zu
untermauern. Später weitete sich das Kastensystem bei der Einwanderung
der Arier aus, die sich den einheimischen präarischen Indern
übergeordnet fühlten. Mit der Zeit nahmen die Kasten feste Formen an
und bildeten vier unterschiedliche Klassen; jede von ihnen mit eigenen
Gesetzen für die Verhaltensweise. Ganz oben rangiert die Klasse der
Brahmanen. Zu ihnen gehören die Priester, und in ihren Händen liegt
richterliche Macht, wenn es sich um Recht oder Unrecht bei Fragen zur
Religion und zu den Kasten handelt. In der Kaste darunter finden sich
die Kashatriyas als Soldaten und Verwaltungsbeamte, gefolgt von den
Vaisyas, zu denen Künstler und Händler gehören. Schließlich und
endlich kommen die Sudras; sie sind Bauern oder in der Landwirtschaft
Tätige. Erklärt werden die vier Kasten oft auch wie folgt: Aus Brahmas
Mund entsprangen die Brahmanen, seine Arme sind die Kashtriyas, die
Oberschenkel bilden die Vaisyas, die Füße sind die Sudras und
schließlich noch eine fünfte Klasse, die der Unberührbaren, die
eigentlich gar keine Kaste oder Klasse ist. Den Unberührbaren obliegen
minderwertige und degradierende Arbeiten. Es gab eine Zeit, in der es
die Hindus der höheren Kasten in schieres Grauen Versetzte, wenn einer
dieser Unberührbaren den selben Tempel besuchte wie sie, sie berührte
oder sich nur der eigene Schatten mit einem dieser Ausgestoßenen
kreuzte. Geschah dies doch, dann hatte man sich beschmutzt. Erst eine
strenge Säuberungsaktion durch vorgeschriebene Rituale brachte die
nötige Reinigung. Wenn auch das Kastensystem in den vergangenen Jahren
etwas von seiner Strenge und Bedeutung einbüßen mußte, so geht von ihm
dennoch auch heute noch eine nicht zu unterschätzende Macht aus, die
den Alltag Indiens prägt. Dies gilt ganz besonders in den unteren
Bevölkerungsschichten, d.h. bei Menschen mit unzureichender
Schulbildung. Gandhi war es ein großes Anliegen, die Kaste der
Unberührbaren aus ihrer Isolation herauszuholen. Unter anderem ging
die Umbennenung oder besser die Wiedereinführung der Bezeichnung
“Harijans” auf seine Initiative zurück. Für ihn waren die
Unberührbaren wieder “die Kinder Gottes”. Aber sie blieben die
Unberührbaren, nur mit einem anderen Namen. In diesem Zusammenhang muß
aber auch erwähnt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Kaste nicht unbedingt damit einherging und – geht, dass man einer
bestimmten Berufsgruppe oder einer bestimmten Schicht angehört, wie es
ja vergleichsweise auch nicht zutrifft, dass ein Farbiger immer arm
oder Analphabet ist. Viele Brahmanen sind arme Bauern, und vor vielen
hundert Jahren war der Führer der Marathen, Shivaji, ein Sudra. Auch
später waren die Führer der Maratehn nie Brahmanen. Trotzdem
kontrollierten die Marathen nach dem Verfall der Mogulreiche weite
Teile Indiens. Verallgemeinernd lässt sich aber sagen, daß gut
situierte Inder meist einer höheren Kaste angehören und der Inder, der
eine Toilette im Hotel säubert, ein Harijan ist. Immerhin war es aber
den indischen Tageszeitungen Schlagzeilen wert, als Indian Airlines
die erste Stewardess aus der Kaste der Unberührbaren einstellte.
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Wie erkennt man nun, welcher Kaste ein Inder angehört?
Das ist schwierig, es sei denn, Sie kennen den Beruf Ihres Gegenüber.
Übt die Person eine entwürdigende Arbeit aus, fegt sie Straßen oder
arbeitet sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in der
Lederverarbeitung, dann können Sie fast sicher sein, dass sie der
Kaste der Harijans angehört. Treffen Sie dagegen einen Menschen mit
bloßem Oberkörper, der ein heiliges Tuch über eine Schulter geworfen
hat, ist er sicher ein Brahmane. Die Parsen tragen die gleiche
Kleidung. Gehört aber ein indischer Staatsangehöriger zu den Sikhs
oder ist er Moslem, dann entfällt die Klassifizierung nach Kasten. In
mancher Hinsicht funktionieren die Kasten heute als inoffizielle
Gewerkschaften, die sich untereinander respektieren. Die einzelnen
Kasten sind jedoch oft nochmals unterteilt. So putzt sicher ein Diener
nur Messing, ein anderer nur Silber. Obwohl viele der alten Gesetze in
jüngster Zeit aufgehoben wurden, ist es für viele Inder einer höheren
Kaste auch heute noch undenkbar, dass eine Person einer niedrigeren
Kaste ihr Essen zubereitet. Mehr und mehr sind diese Regeln heute
allerdings eine Sache des Bildungsstandes. Ein gebildeter Inder gibt
ohne Zögern auch einem Angehörigen einer niedrigeren Kaste die Hand,
und zwar auch, wenn es sich um die klassenlosen Unberührbaren handelt.
Ebenfalls verlor die Tatsache an Gewicht, daß Inder, die auswanderten
und damit die Zugehörigkeit zu ihrer Kaste verloren zu Hause dann
Ausgestoßene sind. Insoweit hat sich viel geändert. Trotz all dieser
Entwicklungen trägt Indien immer noch schwer an der Last des
Kastensysstems. In den vergangenen Jahren gab es wiederholt ernste
Angriffe auf Hindus der unteren Klasse. In abgelegenen ländlichen
Gemeinden lynchten die Hindus der Oberkaste die Harijans, weil sie
meinten, diese würden zu hochnäsig. Latent ist die Gefahr von
Handgreifichkeiten zwischen den einzelnen Kasten nach wie vor
vorhanden. Sie kann unvermutet schnell in Gewalt ausarten.
Unvorstellbar, dass noch im Jahre 1980 mehrere Harijans während eines
Straßenkampfes getötet wurden, der ausbrach, weil ein Bräutigam nicht
gewillt war, von seinem Pferd zu steigen, als eine Gruppe Männer einer
höheren Kaste vorbeiging. 1981 gab es in Ahmedabad in Gujarat eine
Reihe ernsthafter Zwischenfälle, weil man an den Universitäten Plätze
für Harijans unabhängig davon reservierte, ob sie in Anspruch genommen
wurden oder nicht. Geschürt wurden diese Übergriffe von Hindus aus
einer höheren Kaste, denen der Zugang zur Universität trotz guter
Qualifikation verwehrt blieb.
Es bietet sich ein Vergleich mit den USA an, wo viele
Farbige gleich nach der Aufhebung der Rassentrennung ähnlich bittere
Erfahrungen machen mussten, als sie versuchten, nur Weißen
vorbehaltenen Schulen oder Restaurants zu betreten. Auch heute gibt es
in den USA noch Proteste, weil man für benachteiligte Minderheiten
Plätze an Hochschulden bereithält. Verfolgt man dieses Problem zurück
bis in das Mittelalter, so war es auch in Europa damals ein Ideal,
Menschen an ihrem Platz zu halten. Bauern hatten ihren Acker zu
bewirtschaften, gehorsam zu sein, hart zu arbeiten und ihr Eigentum
zusammenzuhalten. Dann war das Himmelreich ihnen gewiß. Vielleicht hat
sich das Kastensystem in ähnlicher Weise entwickelt.
Das Leben kann noch so erdrückend sein. Es ist das
Schicksal, einer bestimmten Kaste anzugehören. Nimm es an, sei
gefügig, und du wirst in deinem nächsten Leben bessere Bedingungen
vorfinden und genießen! Nach diesem Grundsatz bestimmt sich auch heute
noch das Leben in großen Teilen der indischen Gesellschaft, sodass man
als Außenstehender der Sache nicht unbedingt abwertend gegenüberstehen
muss. Auch wenn es ein für uns fremdes Weltbild ist und oft ungerecht
erscheint, so sind die Menschen hier nicht zwangsläufig unglücklich
damit. Es ist lediglich eine andere Struktur als wir sie gewohnt sind.
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