Reisen & Touren
durch Zentralindien |
45 Tage
Reise ins Wildnis Indiens (Wilde Schönheit
der Dschungels)
Delhi - Jim Corbett - Rajaji National Park -
Delhi - Sariska/Alwar - Ranthambore - Bharatpur - Agra - Khajuraho -
Panna National Park - Bandhavgarh national park - Kanha National
Park - Nagpur - Ahmedabad - Bhavnagar - Velavadar Nationalpark -
Sasan Gir - Bangalore - Nagarhole National Park - Bandipur National
Park - Indira Gandhi National Park - Periyar National Park – Cochin
- Kolkata - Sunderbans - Kolkatta - Kaziranga National Park - Orang
National Park - Manas National Park - Guwahati - Delhi) |
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29 Tage in Madhya
Pradesh (Zentralindien) & Gujarat
(Westindien)
(Delhi – Jaipur
- Agra
– Gwalior – Orchha – Khajuraho – Bandhavgarh – Bhopal - Sanchi
- Mandu -- Indore – Vadodara - Ahmedabad -
Bhavnagar - Sasan Gir National Park - Diu - Mumbai) |
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26 Tage quer
durch Indien - von West nach Ost
(Mumbai
bis Kolkatta)
(Bombay - Nasik - Kopargaon - Aurangabad -
Ellora - Ajanta - Mandu - Dhar - Omkareshwar - Maheshwar - Ujjain -
Bhopal - Sanchi - Udaigiri - Bhimteka - Jhansi - Orchha - Khajuraho
- Varanasi - Sarnath - Calcutta - Bardhaman
- Shantiniketan - Kolkata)
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24 Tage
durch Zentralindien (Madhya Pradesh)
(Delhi - Indore
- Omkareshwar - Maheshwar - Mandu - Dhar - Ujjain - Bhopal -
Udaigiri - Sanchi - Bhimbetka - Satpura - Pench Nationalpark - Kanha
Nationalpark - Bandhavgarh-Nationalpark - Khajuraho - Orchha
- Gwalior - Agra - Delhi) |
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17 Tage
Zentralindien Reise
(Delhi - Gwalior - Orcha - Khajuraho - Orcha - Deogarh -
Chanderi - Jhansi - Bhopal - Sanchi - Bhimbetka - Bophal - Ujjain -
Indore - Mandu
- Maheshwar - Omkareshwar - Burhanpur - Ajanta Caves - Aurangabad -
Ellora - Mumbai - Elephanta - Mumbai) |
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Madhya Pradesh
Das Herz Indiens, wo Hunderte von Zivilisationen existierten, das Land der
Könige und der primitiven Völker, der sublimen Architektur und der rauhen
Berge, des Mythos und der Romantik, verkörpert Madhya Pradesh, das einst aus
den sogenannten Zentralprovinzen bestand. Mit seinen 443 452
Quadratkilometern ist es der größte Bundesstaat der indischen Union, mit
etwa 70 Millionen Einwohnern jedoch nicht der Bevölkerungsreichste. Bhopal
ist die Hauptstadt. Madhya Pradesh ist ein riesiges, von den Vindhya-und
Satpura-Bergen umgebenes Plateau; die Berge steigen von 600 auf 1300 Meter
an und fallen dann in die Täler der Flüsse Narmada und Tapti ab. Das
östliche Plateau hat wenig Landwirtschaft, ist dafür aber dicht bewaldet. Im
Nordosten liegt die Talsenke Chattisgarh, die mitunter kaum 300 Meter
erreicht. Doch die Malwa-Region im Westen ist reich an Baumwolle und Weizen;
erstere hat die Städte Ujjain, Gwalior und Indore berühmt gemacht. In diesem
Bundesstaat gibt es auch große Vorkommen an Teak-,Rosenholz sowie
Ebenholz-und Saalwälder, die Tiger, Bisons, Hirsche und Panther
durchstreifen; die Tierwelt steht in den Reservaten Kanha und Bandhavgarh
unter Schutz. Die Täler Narmada und Tapti haben lange Zeit als Verbindung
zwischen Ost-und Westindien gedient. Die alten Handelsrouten wurden einst
von malerischen Karawanen durchzogen, die den legendären Reichtum Indiens in
ferne Länder trugen: Gewürze, Baumwolle, Teakholz und Silber. Durch die
Täler ist auch der große Kaiser Ashoka gekommen, und Spuren des Glanzes der
Gupta-Ära sind etwa die Wandmalereien von Bagh sowie die zahlreichen Tempel
und Denkmäler. Die großen Flüsse waren auch Zeugen indischer Geschichte; von
den eindringenden Mogul-Armeen bis zu Verlegung der Schienen, die Bombay mit
Kalkutta verbinden. Madhya Pradesh wurde in Aufzeichnungen bereits im 3.
Jahrhundert v. Chr. erwähnt, als Kaiser Ashoka Sanchi zum Standort der Great
Stupa auserkor. Die buddhistische Sunga-Dynastie herrschte hier vom 2. bis
zum 1. Jahrhundert v. Chr.
Während jener Periode kam es in Madhya Pradesh zur Blüte der ersten Schule
buddhistischer Skulptur. Kriege wurden ausgetragen, Schlachten gewonnen und
verloren. Auf die Sungas folgten die Kshatrapas, die wiederum den vom Jahre
300 bis 510 herrschenden Guptas Platz machten, und Madhya Pradesh wurde
durch eine weitere Renaissance hinduistischer Kunst und Kultur bereichert.
Die Guptas haben ein unglaubliches Vermächtnis von Tempeln, Wandgemälden und
Skulpturen hinterlassen. König folgte auf König, Moslems auf Hindus, und
jeder Hof prägte das Land mit Tempeln und Moscheen, mit den Schätzen von
Khajuraho und Madhu, Gwalior und Ujjain.
Die Bevölkerung Madhya Pradesh
Die Einwohner von Madhya Pradesh sind so unterschiedlich wie ihr Land. Die
Gesichter verändern sich so häufig wie die Landschaft, und alle 50 Kilometer
findet man sich in einer anderen Welt wieder. Im Gwalior-Gebiet leben große
Männer mit Schnurrbärten, die an die Söldner erinnern, welche im
benachbarten Rajasthan epische Schlachten austrugen, und anmutige, stolze
Frauen, von denen die verheirateten am Bindi, (dem roten Punkt auf der
Stirn) und an grünen Glasreifen zu erkennen sind. Die heilige Stadt Ujjain
zeigt das sanfte, poetische Antlitz Indiens, und Indore ist ein Potpourri
aus Parsen, Moslems, Hindus, Christen und Jainisten – eine kosmopolitische
Gesellschaft, die sowohl Hindi als auch Bundelkhandi, den hiesigen Dialekt,
spricht. Madhya Pradesh wurde einst Gondwanaland genannt und von den Raj
oder Gonden beherrscht, deren Nachfahren die tropischen Dschungel südlich
von Jabalpur bewohnen. Von mehreren Wellen von Invasoren, wie den Ariern,
bezwungen, zogen sich die Gonden in unzugängliche Bergketten zurück.
Gondwanaland existiert nicht mehr, doch sogar heute noch werden die Gonden
von den Eingeborenen Maydha Pradeshs sehr geschätzt. In den Wäldern und
Bergen versteckt leben die Oraons des Nordostens, die Bhils und Baigas des
Westens und die Maria und Muria aus Bastar im Osten. Madhya Pradesh
beheimatet fast 40 Prozent von Indiens Adivasis (Stämmen). Ihre Angehörigen
sind klein, dunkelhäutig, tragen Kopfschmuck, Perlen, Silber und Muscheln,
sie sprechen nur mündlich überlieferte Sprachen und sind Animisten, die
traditionell die Elemente verehren. Jene Adivasis, die engeren Kontakt mit
den Bewohnern der Ebene pflegen, haben Hindu-Bräuche angenommen, und die
Oraons sind fast alle Christen. Diese Völker bewahren jedoch ihre Identität
und Bräuche. Dies ist auch größtenteils der indischen Regierung zu
verdanken, deren schützende Haltung die Ausnutzung dieser einfachen Menschen
verhindert hat. Die Nationalsprache Hindi wird überall im Bundesstaat
beherrscht, doch wenn der Bewohner Madhya Pradeshs nicht verstanden werden
will, bedient er sich der Dialekte seines Gebiets: Malwi im Norden,
Bundelkhandi in der Narmada-Gefend, Bhojpuri in Bhopal und Chattisgarhi im
Nordosten. Hinzu kommen die verschiedenen Stammesdialekte. Doch
selbstverständlich wird auch Englisch gesprochen.
Kunsthandwerk Zentralindiens
Jede Stadt des Bundesstaates hat eine alte und doch lebendige Tradition des
Kunsthandwerks, das schön anzuschauen, nützlich und für jeden Geldbeutel
maßgeschneidert ist. Von Hand gesponnene und gewobene Baumwollsaris, so
leicht wie Luft und mit Stickereien versehen, werden in Chanderi gefertigt.
Die Weberinnen von Maheshwar nach Indore haben sich auf feine, wie Seide
anfühlende Baumwolle spezialisiert. Das Muster der Bordüren der goldenen und
silbernen Seidensaris hat eine spezielle Bedeutung. Bhopal ist das Zentrum
des Filigransilberschmucks, des Leders mit Einlagen, der Perlenhandtaschen
und der reich bestickten Slipper, und Bherugarh in der Nähe von Ujjain ist
für seine Handdrucke auf roher Baumwolle bekannt. Die Muster, etwa Blumen,
Pfaue, Papageien und geometrische Formen, werden in Holzblöcke gemeißelt.
Der traditionellere Textildruck verwendet immer noch Naturfarben aus
Pflanzen, Erde und Baumrinde. Jabalpur ist für Lackarbeiten, handgearbeitete
Messingtische, Specksteinstatuen der Götter der Mythologie und dekorative
Töpfe und Pfannen berühmt. Gwalior, Vidisha und Sarguja verfügen über
Teppichwebereien, die aus Indiens vorindustrieller Vergangenheit stammen,
und die Handwebstühle von Mandasur stellen Decken her, die zu schön sind, um
als solche verwendet zu werden. Im Bezirk Bastar im Osten spinnen die Frauen
von Jagdalpur Tussar (Rohseide) für Saris und Hemden, und in den ruhigen
Dörfern dieses hauptsächlich von Stämmen bewohnten Gebietes fertigen Männer,
Kinder und Frauen der Lohar-Gemeinschaft Statuen von Stammesgottheiten.
Spielzeug und Figurinen werden aus Golckenmetall unter Verwendung der alten
Technik des Cire perdu gesuchmiedet. Holzschnitzereien, bunt bemaltes
Spielzeug, Tontöpfe, Specksteintiere, Textilien und Metallarbeiten erinnern
an eine Zeit, als das Leben einfacher und gelassener war.
Bhopal
Im Zentrum von Madhya Pradesh und des Malwa-Plateaus (des nördlichen Walls
des Dekkan-Plateaus) befindet sich Bhopal, die Hauptstadt des Bundesstaates.
Der Überlieferung zufolge wurde Bhopal von Raja Bhoj im 10. Jahrhundert
gegründet. Der Name leitet sich aus den ersten drei Buchstaben des Namens
des Königs ab, und ,,pal“ bedeutet ,,See“. Raja Bhoj soll einen Damm am
Narmada südlich der Stadt errichtet haben, wodurch sich einst ein enormer
See von 600 Quadratkilometer Fläche bildete. Wenig ist von der Stadt des
großen Königs übergeblieben, nicht mehr als Ruinen vom Bhojpur Temple, und
der Damm wurde von Sultan Hoshang Shah aus Malwa zerstört, der im 15.
Jahrhundert in Bhopal einfiel. Aus Raja Bhojs See sind drei kleinere Seen
geworden, die heute das Zentrum der Metropole bilden. Doch Bhojpuri, die
Sprache Bhopals, ist noch nicht ausgestorben. Raja Bhojs Stadt wurde von
Dost Mohammad Khan übernommen, einem General Kaiser Aurangzebs. Als der
Kaiser 1707 starb, verließ der General das schwankende Mogul-Reich und
gründete seine eigene Dynastie – jene der Nawabs von Bhopal, die bis heute
besteht. Bhopal setzt sich eigentlich aus zwei Städten zusammen, die um
sieben Hügel und drei Seen errichtet wurden.
Die neue Hauptstadt ist eine schön gestaltete Metropole mit breiten Alleen,
Parks, Regierungsgebäuden und Wohngegenden, die funktional, praktisch und
ästhetisch sind. Bharat Bhavan, die Hauptstadt der Verwaltung und des
Handels, rühmt sich eines der größten Kunst und Kulturzentren des Landes.
Dieser Komplex, teilweise auf Land und teilweise auf einem der Stadtseen
errichtet, repräsentiert das Beste moderner indischer Architektur. Hier
findet immer etwas statt: ein neues Stück auf Bhojpuri oder Hindi, der
Theaterworkshop eines Gastregisseurs, Poesielesungen, Musikdarbietungen, ein
Tanzfestival oder die Ausstellung eines jungen Malers. Bharat Bhavan verfügt
auch über eine permanente Kunstsammlung, eine Bibliothek und ein Museum.
Letzteres beherbergt eine umfangreiche Kollektion von Stammeskunst und
Artefakten, welche die vielen einheimischen Gemeinschaften repräsentieren.
In der Altstadt ruft der Muezzin von drei Minaretten, die über alten
Palästen und Höfen thronen, zum Gebet.
Der Sardar-Manzil-Palast, die Residenz der Nawabs, lohnt einen Besuch,obwohl sie ihrer herrschaftlichen Ausstattung beraubt wurde. Und durch die
schmalen Strßen des alten Bhopal zu wandern heißt, einen persönlichen
Entdeckungsspaziergang zu machen: Man sieht schön dekorierte Fassaden,
bezaubernde Patios und einen von Indiens farbenprächtigsten Basaren, wo
neben der üblichen Betriebsamkeit Wandersänger vom Glanz des Hofes Bhopals
erzählen (auch tanzend). Nicht auslassen sollte man die ruhigen
Seitensträßchen, um Handwerkern bei der Arbeit zuzuschauen.
Holzschnitzereien, Messingwaren, bedruckte Textilien. Silber- und
Messingfiligrangeldbeutel: Viele dieser Objekte sich im Laufe der
Jahrhunderte wenig verändert. Wichtige Stationen der Altstadt sind drei
großartige Moscheen: Tajul Masjid, welche die größte Moschee der Welt werden
sollte, bleibt unvollendet, aber eindrucksvoll mit ihrer riesigen
Gebetshalle und dem bogenförmigen Dach; die Jama Masjid, 1837 von Qudsia
Begum erbaut, der frommen Frau des Herrschers von Bhopal, hat hohe, dunkle
Minarette, die von goldenen Türmen gekrönt werden, und die Moti Masjid oder
Pearl Mosque (Perlenmoschee), 1860 errichtet; ihre Gestaltung nahm Anleihen
bei der Jama Masjid von Delhi. Und am kühlen Abend versammeln sich Besucher
und Einwohner gleichermaßen auf dem Gipfel des Shamala-Hügels, um zu
beobachten, wie die Sonne in Bhopals großen Seen versinkt und die Lichter
der Stadt in der Entfernung glitzern. Bhopal ist leicht per Straße, Schiene
und durch Luftverbindungen von Bombay und Delhi aus zu erreichen und bietet
alle Arten der Unterkunft. Die beste Zeit für einen Besuch ist zwischen
September und März. Während der Regenzeit (Juli bis August) oder in der
Hitze eines indischen Sommers (März bis Juni) ist es unmöglich, durch die
Höhlen von Bhimbethka, 30 Kilometer von Bhopal entfernt, zu laufen. Die etwa
500 Höhlen, die mit zahlreichen Felsmalereien aus der neolithischen, späten
paleolithischen und frühen mittelalterlichen Periode versehen sind, sind
erst unlängst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Höhlen
lohnen einen Besuch, nicht nur wegen der Malereien, sondern ebenso aufgrund
der wilden und gigantischen Felsformationen. Es gibt auch andere Höhlen und
Grotten um Bhopal. In etwa 60 Kilometer Entfernung und nahe Sanchi liegen
die Höhlentempel von Udayagiri, die während der Gupta-Periode aus dem Fels
gehauen wurden. Die Höhlen Nr.1 und 20 sind jainistisch, die anderen
hinduistisch. Die außergewöhnlichste ist Nr. 5 mit ihrer kolossalen Statue
Wischnus in der Inkarnation als Wilschwein Varaha, das die Erdgöttin Prithvi
aus den Fängen der Wasserdämonen befreit.
Sanchi
Etwa 45 Kilometer nördlich von Bhopal liegt Sanchi, Stätte des schönsten und
am besten erhaltenen Beispiels buddhistischer Architektur. Hier kam Kaiser
Ashoka vor über 2000 Jahren an, des Krieges müde und gerade zum Buddhismus
bekehrt. An dieser Stelle legte er auch den Grundstein für die Great Stupa,
die Relikte Buddhas aufnehmen sollte. Sanchi spielte während Ashokas
Herrschaft eine wichtige Rolle. Des Kaisers Kinder Mahinda und Sanghamita
wurden hier geboren. Und an dieser heiligen Stätte nahmen auch die
wichtigsten Missionen, die den Buddhismus in die Welt trugen, ihren Ausgang:
Mahinda verließ das Land seiner Geburt, um die Worte des Erleuchteten in Sri
Lanka zu verbreiten, und einige Jahre spätersandte Ashoka seine Tochter nach
Norden, damit sie die Lehre in Nepal und Tibet verkünde. Der massive,
kuppelförmige Stupa, auf einer Anhöhe errichtet, ist kilometerweit sichtbar.
Er wird von einer Karmiha (quadratischen Konstruktion) gekrönt und ist von
einer Balustrade oder Vedika aus Stein umgeben, einem exakten Nachbau des
Originals aus Holz. Das Innere wird von den Gläubigen dazu benutzt, rituelle
Kreise und das Rad des Gesetzes zu drehen, wobei sie leise ,,Om Name Padme
Hum“ singen.
Vier herrliche Torans (Tore), an vier wichtigen Stellen plaziert, führen zum
Hauptteil des Stupa. Diese mit exquisiten Schnitzereien versehenen Tore sind
eine illustrierte Enzyklopädie des alten Indien. Menschen, Landschaften,
Architektur, häusliche und wirtschaftliche Aktivitäten sowie Kinder und
Tiere wurden aus Elfenbein gemeißelt. Die Geschichten des Jataka können auf
den Toren wie ein Comicbuch gelesen werden – doch von rechts nach links. Es
ist eine Sammlung von Geschichten über Buddhas frühere Inkarnationen.
Darstellungen seiner letzten Existenz fehlen jedoch, da Abbildungen Gautamas
eine Zeitlang verboten waren. Doch es gibt symbolische Szenen seiner letzten
Inkarnation: Lotusblumen oder zwei Elefanten, die Wasser über eine weibliche
Figur ergießen, stellen etwa seine Geburt in Lumbini dar; die Erleuchtung
wird durch einen Baum dargestellt, der einen leeren Thron beschattet; die
erste Predigt, im Hirschpark von Sarnath gehalten, wird durch das Rad des
Gesetzes symbolisiert. Andere Themen fanden jedoch auch auf den Torans von
Sanchi Berücksichtigung: anmutige Baumnymphen, Elefanten und Pferde, fette,
lachende Zwerge, Löwen mit Flügeln, exotische Flora und männliche Figuren,
welche die Eingangsportale bewachen. Es stehen verschiedene kleinere Stupas
und Tempel im Park von Sanchi.
Nr. 3 ist berühmt für die Relikte von Buddhas Jüngern Sariputra and
Mahamogalana. Nr. 17 und 18 haben schön verzierte Säulen, und etwas weiter
befindet sich eine Gruppe von Klöstern mit einer Statue des Buddha im
Post-Gupta-Stil. Eine von Ashokas berühmten Säulen von Sanchi trägt einen
Erlaß, der jene verdammt, welche der Teilung des Buddhismus in zwei gänzlich
verschiedene Sekten das Wart redeten. Was nicht mehr im Park selbst steht,
wird im Sanchi Museum ausgestellt.
Sanchi ist der Ort erhabener Festivitäten im Oktober, wenn Buddha Jayanti
begangen wird, der Geburtstag Buddhas. Buddhisten aus Indien und dem ganzen
Ostens versammeln sich in dieser kleinen Stadt und setzen eine Tradition
fort, die im 3. Jahrhundert v. Chr. begründet wurde. Die Stupas und Tore von
Sanchi fotografiert man am besten früh am Morgen, weshalb eine Übernachtung
anzuraten ist.
Eine Übernachtung erleichtert zudem den Besuch des zehn Kilometer entfernten
Dorfes Bhilsa, das auf einem Teil des alten Vidisha steht, einer während der
Herrschaft Ashokas florierenden Stadt.
Hindus pilgern jährlich hierher, um an der Khamb Baba des nahen Besnagar zu
beten, einer monolithischen, Wischnu gewidmeten Säule. Sie wurde im Jahre 90
v. Chr. von Heliodorus errichtet, dem griechischen Botschafter von Taxila,
der sich zum Hinduismus bekehren ließ. Das Museum von Vidisha beherbergt
eine herrliche Sammlung von Antiquitäten aus dem 2. bis 1. Jahrhundert v.
Chr., der Ära der Kshatrapas. In Vidisha findet man auch Überbleibsel aus
der moslemischen Periode des 15. Jahrhunderts, und die Bijamandal Masjid
sowie das Fort sind ein Beispiel des kulturellen Amalgams von Madhya Pradesh.
Die Ruinen des Tempels von Gyaraspur nördlich von Sanchi liegen etwas
abseits. Der Neelkhanhteshwar Temple von Udayapur (12. Jahrhundert) befindet
sich in einem besseren Zusatand. Er ist Schiwa gewidmet und hat eine
herrliche skulpturierte Fassade mit Säulen. In der Nähe steht die Moschee
von Sher Khan aus dem 15. Jahrhundert.
Indore, Ujjain & Mandu
Indore, die Hauptstadt der Malwa-Region, ist eine geschäftige
Industriestadt, die mit allen Problemen schneller, planloser Entwicklung,
mit Umweltverschmutzung sowie Wasser- und Elektrizitätsknappheit
konfrontiert wird.
Indore war einst eine schöne Stadt mit breiten Alleen, geräumigen Häusern im
Kolonialstil, Palästen und einer der besten medizinischen Universitäten
Indiens, ist jedoch heute hoffnungslos übervölkert. Ein paar Oasen der Ruhe
existieren noch. Der Kanch Mandir, der ,,Tempel der Spiegel“, ist ein
jainistisches Heiligtum, das vom großen Philanthropen Seth Hukumchand
errichtet wurde. Die Wände, die Decke und sogar die Böden des Tempels
bestehen aus einem Mosaik von Spiegeln. Wandmalereien stellen das Leben von
Mahavir Jain, dem Gründer der Sekte, dar und riesige Spiegel reflektieren
bis in die Unendlichkeit die goldenen Statuen der Tirthankars, jener Jain
Weisen, die vor Mahavir in die Ewigkeit gelangten. Indore-Glas ist berühmt.
Der alte Marktplatz im Herzen der Stadt ist überfüllt, schmutzig, laut, aber
sehr malerisch und verfügt über einige überdachte Durchgänge mit Läden,
welche die schönsten Glasreifen, Glasperlenketten und Ohrringe aus Glas
verkaufen.
Chattri Bagh ist ein Park mit schirmförmigen Denkmälern, den Kenotaphen der
Holkar-Dynastie, die von Malhar Rao Holkar bergründet wurde, der Indore im
18. Jahrhundert zu seiner Hauptstadt machte. Indore war eine bedeutende
Metropole während der langen Herrschaft seiner Schwiegertochter Rani Ahilya
Bai, einer der außergewöhnlichsten Frauen der indischen Geschichte. König
Malhar Rao soll von seinem Sohn schwer enttäuscht worden sein, fand aber in
Ahilya Bai die perfekte Erbin für den Thron der Holkars. Sie war erst zwölf
Jahre alt, als sie als Braut nach Indore gebracht wurde. Die fromme junge
Frau hatte einen scharfen Verstand, der dem König gefiel, und so bereitete
er sie auf die Übernahme des Throns vor. Ahilya Bai war noch fast ein
Teenager, als sowohl ihr Schwiergervater als auch ihr Gatte im Krieg fielen.
Im traditionellen Weiß der Witwen herrschte sie mit eiserner Hand und gewann
allmählich den Respekt und die Loyalität der Minister und des Volkes, die
sie nie sahen. Mit der Hilfe ihrer weiblichen Bediensteten leitete sie die
Staatsgeschäfte hinter einem Vorhang. Frauen lebten zu dieser Zeit in Purdah
und in den Zenana (Frauenquartieren). Ahilya Bai führte landwirtschaftliche
Reformen ein, ersann ein Besteuerungssystem, das der Bauernschaft und dem
Staat dienlich war, bereiste das Land, um persönlich für Gerechtigkeit zu
sorgen und die Armee sowie Gouverneure entlegener Bezirke zu kontrollieren.
Die clevere Politikerin Ahilya Bai war zusammen mit Madhav Rao Scindia von
Gwalior und Nana Fadnavis von Pune eine wichtige Kraft der
Maratha-Konföderation, welche die indische Unabhängigkeit verteidigte und
die Briten im späten 18. Jahrhundert in Schach hielt. Als fromme Hinduistin
zeichnete Ahilya Bai für die Restaurierung vieler alter Pilgerstätten und
den Bau neuer Tempel in den Holkar-Territorien verantwortlich. Sie
hinterließ ein Vermächtnis von Treuhandschaften, die auch heute noch die
Erhaltung der Tempel Madhya Pradeshs finanzieren. Zu den wichtigeren Orten,
an denen sie große staatliche Bauvorhaben durchführen ließ, gehören
Omkareshwar, Maheshwar und Ujjain. Tausende von Pilgern strömen zweimal
jährlich zum alten Tempel Mandhata auf Omkareshwar (manchmal Omkarji
genannt), einer malerischen Insel im Narmada-Fluß. Der Tempel ist Schiwa
geweiht und beherbergt eine der zwölf Jyotir Lingams, (Schiwa-Ikonen), die
wie durch ein Wunder aus der Erde hervorgetreten sein sollen. Der
Fortschritt ignoriert leider heilige Traditionen, und Omkareshwar wird
wahrscheinlich dem großen Narmada-Sagar-Damm weichen müssen. Doch Ökologen,
heilige Männer und Aktivisten haben (nach dem Vorbild Mahatma Gandhis) die
Gefühle der Massen aufgerührt und kampieren immer wieder aus Protest am
Fluß. Die gewaltlose Satyagraha des Protestes mag die Regierung daran
hindern, die Tempelstädte am Narmada zu zerstören und mit ihnen mehrere
tausend Hektar Waldland, der Lebensraum vom Stammesgemeinschaften und
zahllosen wilden Tieren und Vögeln.
Die Tempelstadt Maheshwar, zwei Autostunden von Indore entfernt, war Ahilya
Bais spezielles Refugium. Sie ließ einige Kilometer des Narmada-Ufers
befestigen und Pavillons errichten, wo die Gläubigen Schutz vor der Sonne
fanden und in denen sich zudem viele Dharamshalas (Herbergen) etablierten,
die Pilger aufnahmen. Ein reich ornamentiertes Tor führt zum Tempel der
Königin, dessen Hof mit schönen, wenn auch strengen Statuen ausgestattet
ist. Hoch auf dem Hügel, mit Blick auf den Fluß und das Land, thront Ahilya
Bais Festungspalast, der teilweise der Öffentlichkeit zugänglich ist. In
Maheshwar ließ sie die Weberei, eine der bedeutendsten Heimindustrien Madhya
Pradeshs etablieren. Die Baumwolle ist eine der wichtigsten natürlichen
Ressourcen des Bundesstaates, der Ertrag der fruchtbaren schwarzen Erde der
Malwa-Region. Die Stadt war früher für feinste handgesponnene und gewebte
Saris mit Gold-, Silber- und Seidenbordüren bekannt, welche die 1795
verstorbene Königin selbst entworfen haben soll. Die Weber pflegten ihr
Handwerk auch ohne die königliche Schirmherrschaft und kämpften gegen das
Aufkommen billigerer Materialien, die von den Textilmühlen zu Beginn des
Jahrhunderts hergestellt wurden. Sie arbeiteten schließlich in Fabriken und
vergeudeten ihre Fertigkeiten an Maschinen. Der Maheshwari-Sari ist fast
ganz verschwunden. Vor einigen Jahren wurde die Kunst des Maheshwar von der
amerikanischen Frau des gegenwärtigen Throninhabers von Indore wiederbelebt.
Die heutigen Holkars besitzen immer noch den von Ahilya Bai erbauten
Festungspalast, und die von Frauen betätigten Handwebstühle sind wieder in
Betrieb; sie stellen jene Saris her, die einst von den Hofdamen des 18.
Jahrhunderts getragen wurden.
Ujjain
Rani Ahilya Bai restaurierte verschiedene Tempel und die Ghats (Stufen, die
zum heiligen Fluß Sipra führen) in der alten Tempelstadt Ujjain, nördlich
von Indore. Im Tempel von Mahakateshwar wird eine der zwölf Jyotir Lingams (phallus-förmigen
Schiwa-Ikonen) aufbewahrt. Mit zwei der Jyotir Lingams auf seinem Boden
wurde Malwa zweifelsohne von den Göttern reichlich gesegnet, und Ujjain
zählt zu den sieben heiligen Städten der Hindus.
Alle zwölf Jahre ist Ujjain der Veranstaltungsort des großen Festivals Kumbh
Mela, das zwei legendäre Ereignisse feiert: das von den Gottheiten und
Dämonen aufgepeitschte Meer, aus dem der Trank der Unsterblichkeit entstehen
sollte, und die Sicherung des Kumbh (des Topfes mit dem Nektar des Lebens),
wodurch Schiwa die Erde rettete. Es gibt vier Kumbh Melas im Lande, die alle
zwölf Jahre abgehalten werden. Die anderen drei finden in Alla-habad und
Haridwar am Ganges und in Nasik am Godavari statt.
Es gibt zahllose große und kleine Tempel in Ujjain. Jede Gottheit des
Hindu-Pantheons hat hier ihr Heiligtum. Eines der schönsten ist der
bezaubernde Gopal Mandir mit seinen herrlichen Silbertüren und der Statue
von Krischna als Kind, eine Reinkarnation Wischnus.
In der Stadt steht zwischen alten Villen Jantar Mantar, das 1733 von Raja
Jai Singh (dem König von Jaipur) erbaute Observatorium. Und Pilger wandern
zum drei Kilometer entfernten Ashram, wo Krischna unter der Anleitung seines
Meisters Sandipani studiert haben soll. Ausgrabungen vor der Stadt Ujjain
haben die Überbleibsel einer Zivilisation zutage gefördert, die noch älter
als jene der Mauryas ist. Kaiser Ashoka verbrachte hier einige Jahre als
Vizekönig von Patliputra. Unter den Guptas und den Paramara-Königen war
Ujjain ein Zentrum des Handels und der Lehre. Die Vikramaditya-Universität,
vom gelehrten König Vikramaditya (375 bis 415) gegründet, an dessen Hof
Kalidasa das Epos Ramayana verfaßte, ist immer noch eine der wichtigeren
Bildungsinstitutionen.
Ujjain wurde von den moslemischen Königen Delhis im 12. Jahrhundert besetzt,
wodurch ein indisches Paradox zustande kam: Die Bevölkerung der für die
Hindus heiligen Stadt ist hauptsächlich moslemisch.
Mandu
Mandu ist umgeben von Seen und Wäldern, vom friedlich dahinfließenden
Narmada und Palästen, wie sie selbst Kublai Khan nicht hätte besser bauen
können.
Mandu ist von außen betrachtet eine uneinnehmbare Festung, 45 Kilometer
solider Steinwälle, zwischen denen nur das monumentale Bhangi-Tor Einlaß
gewährt. Innerhalb der großen Mauern stellen auf den bewaldeten Hängen der
Vinhya-Berge errichtete Audienzhallen, Paläste, Moscheen, Gärten, Teiche und
künstliche Seen ein lebendiges Museum aus 200 Jahren Architekturgeschichte
dar. Von 1400, als Dilawar Khan Ghori zuerst hier eintraf, bis 1562, als
Akbar die Festung eroberte, erlebte Mandu die perfekte Synthese
hinduistischer und moslemischer Architektur. Die Moschee von Dilawar Khan
wurde (aus den Überbleibseln eines Hindu-Tempels, des Tomb of Hoshang Shah)
aus schön dekoriertem Marmor erbaut, und das Ashrafi Mahal mit seinen
herrlichen Torbögen ergänzt auf anmutige Weise die Jami Masjid mit ihren
drei imposanten Kuppeln. Ihr Entwurf ist ein verständiger Kompromiß aus
konvexen hinduistischen und konkaven moslemischen Formen. Alle Denkmale,
Paläste und Moscheen bestechen durch ornamentelles Detail, das die
Erhabenheit seiner Gesamtgestaltung betont. Das grandiose Grabmal von Sultan
Mahmud Khalji des Delhi-Sultanats, 1450 erbaut, als er noch am Leben war,
nimmt das Zentrum des Hofes des Ashrafi Mahal ein: weißer Marmor vor einem
Hintergrund schwarzer, gelber und blauer Friese. Der in Ruinen stehende
Tower of Victory mit seinen Balkonen besteht aus Marmor mit eingelegten
bunten Steinen. Ein Wunder, von dem man nicht die Augen abwenden kann, ist
das Jahaz Mahal, welches in der Form eines Schiffes in der Mitte eines
künstlichen Sees errichtet wurde.
In der Nähe befindet sich der Hindola Mahal, ein Palast in der Form einer
Riesenschaukel mit Terrassen, Hallen, 100 dekorativen Säulen, schönen
Fassaden, zeremoniellen Treppen, superben Fenstern und mit Gittern aus
Marmor. Mandu wird passenderweise Shadiabad, ,,Stadt der Freude“, genannt
und ist auch die Stadt einer legendären Liebe. Baz Bahadur, der letzte
unabhängige Herrscher Mandus, verlor sein Herz, als er das schöne
Hindu-Mäschen Roopmati im Wald singen hörte.
Der superbe Palast von Baz Bahadur war mit seiner idyllischen Umgebung und
100 kühlenden Springbrunnen Zeuge dieser heißen, epischen Liebe. Später
erbaute der König Roopmati’s Pavilion, einen Turm, in dem seine Königin dem
Sonnengott Gebete darbrachte. Dahinter dehnten sich Terrassen aus, die vom
Duft wilden Jasmins erfüllt waren und wo Tag und Nacht Musik erklang. Sie
boten Aussicht auf die Ebene Nimar und den weit unten fließenden, reißenden
Narmada. Romantische Balladen, die von der großen Liebe zwischen Baz Bahadur
und Roopmati erzählen, sind ein Teil der Folklore von Mandu, und das
tragische Ende der Liebenden wird von wandernden Poeten und den
Geschichtenerzählern von Malwa zum besten gegeben. Baz Bahadur starb, als er
seine Festung gegen die Armeen des Moguln Akbar verteidigte. Roopmati, deren
Schönheit legendär war, wurde gefangengenommen. Doch sie nahm in einem Ring
verstecktes Gift. Akbar machte Mandu ebenfalls zu seinem Refugium. Er soll
hier am glücklichsten gewesen sein, die Schönheit der Vindhyas
kontemplierend, während er dichtete. Ihm zu verdanken sind der Neelkanth
Mahal samt Tempel und der Neelkanth Mandir, der für eine Hindu-Königin
erbaut wurde.
Es gibt viel in Mandu zu sehen: den Hathi Mahal oder Elefantenpalast, der
einst den Weisen Chisti beherbergte, das Hause of Gada Shah, wo auf einer
Wand noch Spuren einer Wandmalerei zu sehen sind, die Baz Bahadur und
Roopmati darstellen soll, und Rewa Kund, einen hübschen See, der von Baz
Bahadur als Erfüllung eines Schwurs geschaffen wurde. Er hatte Roopmati
versprochen, das Wasser des Narmada, der 2000 Meter unter durch eine
Schlucht fließt, nach Mandu zu bringen, wenn sie ihn heirate.
Bagh
Vom romantischen Mandu bis zur Gelassenheit der buddhistischen Höhlenklöster
von Bagh sind es nur 48 Kilometer. Die Höhlen, außen von tropischem
Blattwerk bedeckt, erstrecken sich über 230 Meter Felsen; die Zellen darin
sind quadratisch geformt und mit riesigen Säulen ausgestattet. Sie wurden
zur gleichen Zeit wie die berühmteren Ajanta-Höhlen von Maharashtra (6.
Jahrhundert) eingerichtet, und von vielen der Höhlenheiligtümer sind nur
Ruinen übriggeblieben. Doch hier und da entdeckt man kunstvolle
Buddhastatuen und andere Skulpturen. In manchen der Zellen findet man
Wandmalereien im Ajanta-Stil, die beispielsweise eine königliche Prozession
mit Elefanten und eine Kavalkade von Adligen darstellen, Gruppe von Musikern
sowie Heilige und Mönche beim Gebet. Es sind Gemälde, die trotz der
Verwüstungen der Zeit ihre Schönheit erhalten haben.
Jabalpur
Jabalpur im östlichen Madhya Pradesh ist eine rasch sich industrialisierende
Stadt mit breiten, von brillanten Gulmohars (Flammenbäumen) gesäumten Alleen
und einigen schönen Häusern im Kolonialstil, die im militärischen
Kan-tonnementbezirk stehen. Die Stadt hat dem Besucher wenig zu bieten, doch
ist ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung des umgebenden Landes.
Jabalpur war einst ein Stützpunkt der Thugs, einer kriminellen Vereinigung,
die rituelle Morde zu Ehren der von Kali begingen – jener Göttin, die eine
Halskette aus blutenden Köpfen trägt. Die Thugs wurden von den Briten im 19.
Jahrhundert ausgemerzt, doch die Kali geweihten Tempel ziehen immer noch
Pilger an.
21 Kilometer von Jabalpur entfernt, in Beraghat an den Ufern des Narmada,
steht der Chaunsath Yogini Temple, der 64 Asketinnen, Zofen der Göttin,
geweiht ist. Priester, Pilger und sogar Führer raten Besuchern, der Göttin
Ehre zu erweisen und eine Opfergabe wie Früchte oder Blumen im Tempel
darzubringen, um ihren Schutz zu erhalten, bevor man die 135 Stufen zum
Narmada-Fluß herabsteigt und an einer Boots-fahrt durch die phantastischen
Marble Rocks teilnimmt. Der Fluß strömt durch fünf Kilometer unheimlich
ruhiger Steilabfälle, die in marmornem Weiß glänzen. Die Bootsfahrt führt an
sich auftürmenden Gipfeln mit Namen wie Monkey’s Leap, Elephant’s Foot oder
Horse’s Head vorbei und zu den Dhuandhar Falls. Die Marmorfelsen sind schön
am Tag sowie nicht geheuer und verblüffend in einer Mondnacht.
Oben in den Satpura Hills, der Hitze der Ebene entrückt, liegt die
bezaubernde Bergstation Pachmarhi, wo der Legende zufolge die fünf
Pandava-Brüder aus dem Mahabharata Zuflucht nahmen, als ihre Cousins, die
Kauravas, sie aus der Hauptstadt Hastinapur vertrieben. Mit schönen Gärten,
panoramischen Aussichten auf von dichtem Wald bedeckte Schluchten und
Wasserfällen am Narmada ist Pachmarhi ein Refugium für die Müden und ein
Paradies für den Wanderer, Felsenkletterer und Vogelbeoabachter.
Südlich von Jabalpur liegt die Stadt Mandla an den Ufern des Narmada; man
erreicht sie über eine sich herrlich windende Bergstraße. Außer dem Fluß hat
Mandla wenig Sehenswürdigkeiten zu bieten. Man muß die Stadt durchqueren, um
die Tierreservate Kanha und Bandavgarh zu erreichen, 7000 Quadratkilometer
Wald und Lichtungen, die dem Besucher von Oktober bis April offenstehen.
Kanha ist zu Recht stolz auf seinen Tigerbestand. Der indische Tiger war vor
30 Jahren fast ausgestorben – wegen seiner Krallen begehrt, die ein Zauber
gegen den bösen Blick sein sollten, und seines Fells. Heute streifen über
200 Tiger in Kanha frei durch den Wald und sind vor dem Menschen sicher. Es
ist ein aufregendes Erlebnis, plötzlich eines dieser herrlichen Tiere über
einen Weg laufen zu sehen, im Schatten eines Baumes schlafend oder an einem
Wasserloch trinkend. Der Besucher ist natürlich auf dem Rücken eines
Elefanten sicher, dem einzigen Transportmittel im Park. Kanha bietet auch
Machans (Hochsitze) und Unterstände, von denen aus man Tiger fotografieren
kann. Und bald wird man beginnen, die Zeichen zu erkennen, die auf einen
nahenden Tiger hindeuten: Die Hirsche der Umgebung verschwinden, die Vögel
nehmen still Zuflucht auf den oberen Zweigen, und sogar die Krähen
verstummen. Es ist eine Stille, eine Erwartung, die nur vom Geschrei der
Affen unterbrochen wird, das an Lautstärke zunimmt und von Baum zu Baum
übergreift, andere Tiere vor der Gefahr warnend. Es nimmt Zeit und Geduld in
Anspruch, den Leoparden, Panther, die Wildkatze und den Bären auszumachen;
leichter zu beobachten sind Bisonherden an der nördlichen Grenze des Parks.
Die Lichtungen und Wiesen, die vielen Teiche und natürlichen Wasserlöcher
sind voller Hirsche: Herden gepunkteter Hirsche, elegante Schwarzhirsche mit
spiralförmigen schwarzen Hörnern, große, staksige Nilgais und die herrlichen
Barsinghas oder zwölfhörnigen Sumpfhirsche. Manchmal führt der Mahout
(Elefantenmann) Besucher nahe an eine Herde heran und stört den Frieden:
Köpfe werden zurückgeworfen, Ohren zucken und dann ein herrlicher Anblick –
springen und tanzen Handerte von Hirschen in einer panikartigen Flucht. Die
beste Zeit für einen Besuch Kanhas ist zwischen Oktober und März. Den Rest
des Jahres ist es zu heiß und feucht. Die Tiere begeben sich zudem in die
bewaldeten Berge, da die Wasserlöcher des Parks zwischen Mai und Juni
austrocknen. Es ist ratsam, in den Waldgästehäusern bzw. Hotels lange im
voraus zu reservieren. Es gibt
viele Nationalparks doch nur Kanha bringt Besucher in Teleobjektivreichweite
eines Tigers.
Chattisgarh & Bastar
Die Gebiete Chattisgarh und Bastar, im fernen Osten von Madhya Pradesh
gelegen, befinden sich auf keiner Touristenroute, denn dies ist
Stammesterritorium, die Heimat der Gonden, Oraons, Saoras, Marias, Murias
und einiger anderer ethnischer Gemeinschaften. Sie leben immer noch mehr
oder weniger wie ihre Vorfahren, und selbst Anthropologen tun sich schwer,
akzeptiert zu werden. Doch der Tourist mag sie während der Feierlichkeiten
des Republic Day in Delhi (Januar) zu Gesicht bekommen oder bei
Volkstanzfestivals, die den Zonal Cultural Centres im Winter organisiert
werden.
Das Museum Bharat Bhavan in Bhopal verfügt über eine herrliche Sammlung von
Stammeskunst. Beide Bezirke sind reich an Mineralien und anderen natürlichen
Ressourcen. Die Korba-Kohlminen stellen Elektrizität für die Stahlfabriken
in Bhilai, Bailadila und Rourkela zur Verfügung. Das Gebiet weist auch große
Vorkommen an Eisenerz, Kupfer und Zinn auf sowie fast unbegrenzte Reserven
an Kohle, Kalkstein, Dolomit und Bauxit. Die Industrie hölt Einzug: Gruben,
Stahlfabriken, Aluminium -und Kupferschmelzhütten, Kraftwerke und Dämme sind
entweder bereits in Betrieb oder werden errichtet, um den Bedürfnissen eines
progressiven Landes gerecht zu werden. Doch während das Chattisgarh-Gebiet
trocken, heiß und nur dünn bewaldet ist, erscheint Bastar grandios:
außergewöhnliche Felsformationen, wie von der Hand eines Kollosses
geschaffen, urzeitliche Wälder -und Wasserfälle ohne Würstchenbuden und
anderes Drumherum. Es ist eine anstrengende Fahrt zu den großartigen
Chitrakoot Falls am Indravati oder den Teerathgarh Falls, die 250 Meter tief
fallen. Am Fuße der Wasserfälle sind die Kotamsar Kalksteinfelsen mit Höhlen
durchsetzt, in denen Tropfsteine bizarre Formationen bilden.
Der nördliche Teil von Madhya Pradesh ist zugänglicher und bequemer von
Delhi aus zu erreichen. Gwalior ist sechs Zugstunden entfernt, und man kann
am selben Tag nach Khajuraho weiterefahren und wenn es die Zeit gestattet,
kann man die Grand Trunk Road hinunterfahren, die berühmte, von Sher Shah
Suri im 16. Jahrhundert erbaute Landstraße, die furchterregenden Schluchten
überqueren, durch die der Chambal-Fluß sich seinen Weg nach Gwalior bahnt,
und danach auf baumbeschatteten Straßen durch spektakuläre Landschaften nach
Panna, Khajuraho und Rewa gelangen.
Die Festungsstadt Gwalior führt ihre Gründung auf eine Legende zurück. Ein
junger Prinz namens Suraj Pal litt an der gefürchteten Lepra. Auf seiner
Suche nach einem Heilmittel traf er den heiligen Gwalipa auf einem Plateau,
wo heute das Fort von Gwalior steht. Der Heilige, von der Frömmigkeit des
jungen Mannes beeindruckt, segnete den Prinzen, indem er einen Topf Wasser
aus einer geheimen Quelle über seinen Körper goß und die Krankheit vertrieb.
Er wies Suraj Pal an, sein Reich an der Stätte ihrer Begegnung zu errichten.
Die geheime Quelle ist der heilige See Suraj Kund, wo sich Inder jeder
religiösen Richtung Segen erhoffen. Das Great Fort, auf einem Hügel erbaut
und von weitem sichtbar, erhebt sich aus imposanten grauen und rosafarbenen
Steinwällen. Innerhalb der doppelten Mauern öffnet sich eine Welt der Tempel
und Paläste; besonders fallen die superb gestalteten jainistischen und
hinduistischen Tempel auf. Leider sind sie von moslemischen Invasoren zum
Teil verwüstet worden. Die alten Paläste mit ihren blauen, von Mosaiken
bedeckten Wänden sind stumme Zeugen einer tragischen Geschichte. Der
Touristenführer wird davon berichten, daß Aurangzeb seine glücklosen Brüder
folterte, um auf den Thron seines Vaters zu gelangen und Hofdamen sich in
einem Akt des Jauhar (Massenselbstmordes) in ein brennendes Inferno warfen.
Ein ganzer Teil des Forts war zudem abgeschlossen und verbarg ein dunkles
Geheimnis. Der von den Führern gewisperten Litanei ist ferner zu entnehmen,
daß sich unter der von Mauern umgebenen Fläche drei unterirdische Tunnel
verbergen, die einst nach Jaipur, Agra und Varanasi führten. Sie wurden
vermutlich als Verbindungsgänge und Fluchtrouten während des Aufstands von
1857, dem ersten indischen Unabhängigkeitskrieg, verwendet. Die berühmte
Scindia School for Boys nimmt einen weiteren Teil des Forts ein. Diese im
19. Jahrhundert erbaute Schule war jungen Prinzen und den Reichen
vorbehalten, und die Lehrpläne orientierten sich an Eton und Harrow, den
großen öffentlichen Schulen Englands. Ungeachtet der britischen Ausbildung
mußten die Schüler nicht auf die Annehmlichkeiten des Hoflebens verzichten.
Sie brachten Diener, Pferde und sogar Elefanten mit, die hinter der Schule
in einem großen Komplex untergebracht waren. Die alte Stadt Gwalior breitet
sich am Fuße der Schutzwälle aus.
Jaivilas Palace, in dem die Königs Familie immer noch lebt, besticht mit
schöner Architektur. Ebenso der Usha Kiran Palace, der nun ein Hotel ist.
Seine prunkartigen Räume, antiken Möbel, Glaslüster und herrlichen
Marmorböden bewahren den Glanz der Vergangenheit. Und während der Regenzeit
erscheinen Hunderte von Pfauen wie herbeigezaubert.
Die kriegerische Königin Lakshmi Bai von Jhansi, einer nicht weit von
Gwalior entfernten Stadt, wurde in der Stadt Lashkar während des Aufstands
von 1857 getötet. Ihre Reiterstatue steht an jener Stelle, wo sie im Juni
1858 gefallen sein soll. Um sie herum breitet sich die Stadt aus. 100 000
Soldaten kampierten hier einst und schworen Mahadji Scindia, dem Herrscher
von Gwalior Mitte des 18. Jahrhunderts, Treue. Lagerfeuer und Zelte haben
heute einem geschäftigen Markt Platz gemacht, wo die berühmten handgewobenen
Gwalior-Teppiche und bezaubernden Terrakotte-Spielzeuge angeboten werden,
die lächelnde Dorffrauen mit Farben nach Wahl bemalen. Ein Musikfestival,
das große Meister und junge Talente zusammenbringt, wird im Dezember im
Miyan Tansen’s Tomb veranstaltet. Tansen, ein berühmter Musiker des 16.
Jahrhunderts, war einer der Nauratans (neun Juwele) von Kaiser Akbars Hof.
Doch mit oder ohne Festival – das Grabmal ist stets von Musik umgeben:
Gesangsschüler lassen sich hier inspirieren, und fahrende Sänger berichten
vom Glanz der Scindias, der Herrscher von Gwalior. Und in der Nähe des
Grabmals zieht ein schattiger Tamarindenbaum Dichter an. Ebenfalls eine
Besichtigung wert ist Gujri Mahal am Fuße des Forts. Der Palast beherbergt
eine der schönsten Skulptursammlungen des Landes. Teli ka Mandir, ein Tempel
aus dem 9. Jahrhundert, von Gwaliors Ölhändlern errichtet, verbindet zwei
Architekturstile: Der Shikhara (Dachturm) ist im Stil des südindischen
Gopurram gehalten, doch die dekorativen Datails sind rein nordindisch.
Keiner von Gwaliors vielen naderen Tempeln ist so bezaubernd wie die Sas
Bahu Mandir, Zwillingstempel, die allen Schwiegernüttern und
Schwiegertöchtern geweiht sind. Eine Sanskritinschrift preist die Förderer
Padampala und Mahipala, welche die Schreine im 11. Jahrhundert erbauen
ließen. Die Türen, Wände und Säulen sind mit schönen Skulpturen versehen,
doch auch hier haben die moslemischen Invasoren deren Köpfe und Gesichter
abgeschlagen oder entstellt. Dennoch erinnern die Tempel an die
architektonischen und dekorativen Traditionen des 300 Kilometer entfernten
Khajuraho. Orcha, in 75 Kilometer Entfernung, ist eine hübsche
mittelalterliche Stadt, die von Rana Rudra Pratap Singh im 16. Jahrhundert
am Fluß Betwa errichtet wurde. Ein Labyrinth von Palastdächern,
Festungsmauern, Tempeltürmen und Ehrenmälern erhebt sich in der Dämmerung
aus dem Nebel, während man sich der Stadt nähert. Innerhalb des Forts steht
ein bezaubernder kleiner Palast mit Höfen, Gärten und Galerien, die
panoramische Aussichten über die Stadt und die bewaldete Umgebung eröffnen.
Der Palast bietet vier reizende Suiten, die das einzige Hotel der Stadt
darstellen. Es ist schade, daß nicht viele Besucher den Umweg nach Orcha
machen, denn einer der Tempel der Stadt beherbergt eine Galerie mit
wundervollen, primitiven Wandgemälden. Sie stellen mythologische Vögel,
Elefantenkämpfe und Gottheiten dar. 60 Kilometer von Gwalior entfernt liegt
Shivpuri, die Sommerhauptstadt der Scindias, hoch in den Vindhya-Bergen.
Shivpuri wartet mit zwei hübschen Seen – Sakhia Sagar und Madhav Sagar –
auf, dem Lebensraum des indischen Krokodils. Die Seen befinden sich in der
Mitte des Madhav National Park. Der Park beheimatet eine große Vielfalt an
Wild, vom Schwarzhirsch, über die Chinkara (Gazelle) bis zur vierhörnigen
Antilope. Das in der Nähe liegende Karera Bird Sanctuary ist ein Refugium
für einheimische Vögel und Zugvögel sowie einer der wenigen Nistplätze der
gefährdeten indischen Großtrappe. Auf dem Weg nach Khajuraho, an einer
Straße durch dichten Wald, liegt die verschlafene Stadt Panna, in deren
Umgebung einst Diamanten gewonnen wurden.
Khajuraho
Dieses Heiligtum ist einer der bedeutendsten Tempelkomplexe Indiens, mit
Südindiens Mahaballipuram zu vergleichen und reich an erotischen Skulpturen.
Die Kriegerkönige der Chandella Dynastie errichteten die Tempel von
Khajuraho zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert. Die Geschichtsschreibung weiß
nicht, woher diese Dynastie kam, doch der Legende zufolge wurde der erts
Chandella-Herrscher als Sohn des Mondgottes Chandrama und von Hemavati, der
Tochter des Hohepriesters von Varanasi, geboren. Aus der Entfernung
erscheinen die 22 der einst 85 Tempel wie eine Bergkette, die sich vor dem
Blau des Himmels abzeichnet. Es erhebt sich Turm um Turm, und die höchste
Spitze ist jene des Kandariya Mahade Temple, der Schiwa geweiht ist. Der
Lingam (das Phallussymbol Schiwas) ist im Halbschatten des heiligen Ortes
sichtbar, und der Gott selbst erscheint in verschiedenen Formen: mit hoch
aufgetürmten Haar, das Wasser des herabstürzenden Ganges mit seinem Kopf
teilend; Schiwa als Bettler Bhikshatanamurti; Schiwa umgeben von
Lotusblumen, Waldnymphen und dem treuen Stier Nandi zu seinen Füßen, seinem
vahana (Reittier). Von der westlichen Gruppe ist vielleicht der Lakshmana
Temple das vollständigste der Heiligtümer. Auf diesem mit reichen Skulpturen
versehenen Tempel ist ein Epos des Krieges und der Liebe dargestellt: Kämpfe
zwischen Männern und Tieren, angreifende Elefanten, sich liebende Männer und
Frauen, eine Zelebrierung des Lebens, die Wischnu gewidmet ist, der vom
Lotus oder der Trompetenschnecke dargestellt wird. Gegenüber dem Lakshmana
steht der Varaha Temple, Wischnus dritter Inkarnation in der Form eines
Keilers geweiht, der über eine riesige schwarze Steinfigur mit fein
herausmeißelten Details verfügt. Der winzige Mahadev Temple birgt die
Steinstatue eines unter dem Gewicht einer stilisierten Katze gebückten
Mannes, an die Legende um einen Erben des Chandella-Thrones erinnernd, der
im Alter von 16 Jahren seinen Mut beweisen mußte, indem er einen Löwen mit
bloßen Händen tötete. Kali, der Gattin und kosmischen Energie Schiwas, ist
ein Schrein im Devi Jagdamba Temple geweiht; Darstellungen von Menschen,
Drachen, Blumen und Bäumen bedecken jeden Zentimeter des Sandsteinschreins.
Und Chitragupta ist ein kleiner Tempel mit der Statue des strahlenden
Sonnengottes Surya, dem zu Füßen sieben Miniaturpferde liegen, welche die
sieben Farben des Regenbogens symbollisieren. Vishwanath ist Schiwa, dem
Herrn des Universums, geweiht. Dieses superbe Heiligtum kann sich der
zartesten Skulpturen Khajurahos rühmen: anmutige weibliche Figuren, in einen
Spiegel lächelnd, einen Dorn aus einem Fuß entfernend, etwas auf ein Auge
auftragend, die Haare mit Juwelen geschmückt, die Körper in durchscheinenden
Brokat gewandet. Der Nandi Temple weist eine schöne Darstellung von Schiwas
Stier auf, und der nahe Parvati Mandir mit seinem einfachen Shikhara (Turm)
wurde zur Ehre der Tochter der Berge und von Schiwas Gattin erbaut. Diese
sublime und sinnliche Tempelgruppe, von grünen Wiesen und vielfarbigen
Bougainvillea ungeben, glorifiziert die Frau. Sie ist überall: auf
Tempelwänden, in Nischen, in einer Tür stehend, gegen eine Säule gelehnt –
amourös und verspielt, reflektierend und scheu, Mutter und Geliebte.
Khajuraho feiert auch die Liebe, und Männer und Frauen vereinen sich in
unglaublichen Positionen im Haut – und Basrelief, ein veritables Kamasutra
in Stein. Doch die körperliche Liebe weist über das rein Erotische hinaus.
Das totale, bedingungslose Glück ist für den tantrischen Hindu die perfekte
Vereinigung mit Gott. In der Mitte des Dorfes Khajuraho steht am Ende eines
Labyrinths aus schmalen Gassen die östliche Tempelgruppe: vier Jain Schreine
und drei Hindu-Tempel; das Ensemble wird von einer herrlichen Statue
Hanumans, der Affengottes, dominiert. Der schönste ist der Parsavanath
Temple, dem 23. Jain Tirthankara gewidmet, einer der erleuchteten Seelen,
die Sterblichen dabei behilflich sind, ihr Heil zu finden. Hier bewachen die
vier Hüter des Horizonts das Tor: Agni, Gott des Feuers, hat vier Arme und
einen Bart mit Korkenzieherlocken; Yama, Gott des Todes, schwingt einen
abgetrennten Kopf; Vayu, der Gott des Windes, und Kubera, der Gott des
Reichtums. Im Tempelinneren sitzt die Göttin der Fruchtbarkeit zu Füßen von
Parsavanath, eine Garbe Weizen in einer Hand und mit der anderen ein Kind an
ihre Brust pressend. Die südlichen Tempel liegen vier Kilometer von
Khajuraho entfernt. Zwei haben den Verwüstungen der Zeit standgehalten:
Duladeo Mandir, Schiwa geweiht, und der Wischnu gewidmete Chaturbhuja. Die
Götter werden durch Symbole repräsentiert, ihre Allgegenwart durch mehrere
Arme und Hände. Die Keule symbolisiert Wischnu, ein Lotus die Reinheit und
Schöpfung. Ardhanari, holb Mann und halb Frau ist Schiwa, der Löwenmann
Narasimha Wischnus vierte Inkarnation. Khajuraho läßt sich nicht
beschreiben, man muß den Tempelkompelx gesehen und erfahren haben, denn hier
wurde des Menschen Hand von Gott geleitet. Die Zeit hat ihren Tribut von
diesen Tempeln gefordert, und die besten ihrer Skulpturen und andere Schätze
der Gegend werden im Archaeological Museum ausgestellt. Dazu gehören die
Überbleibsel einer herrlichen Statue von Ganesch, dem Elefantengott, die
Dashavatar – die zehn Inkarnationen Wischnus – und ein kleiner Schiwa als
Ardhanari. Der Legende zufolge nahm Schiwa diese Form an, um seine Begierde,
sich mit seiner Gattin Sati zu vereinigen, erfüllen zu können. Khajuraho ist
in letzter Zeit ein Reiseziel für Flitterwöchner geworden; viele
Frischvermählte kommen hierher, um sich eine harmonische Ehe zu wünschen.
Rewa ist ein kleines, verschlafenes ehemaliges Fürstenturm, einige Kilometer
östlich von Khajuraho. Das Museum lohnt einen Besuch, da es eine
bemerkenswerte Sammlung von Tierfellen und köpfen beherbergt. Das Fort ist
ein phantastisches Gebäude mitten im Dschungel. Die kriechende und
kletternde Fauna hat sich seiner fast ganz bemächtigt. Rewa machte in den
fünfziger Jahren Schlagzeilen, als der Raja einen weißen Tiger im Dschungel
fing. Die Wildkatze, Mohan genannt, haßte ihre Gefangenschaft, war einsam
und weigerte sich zu fressen. Der Raja besorgte ihm also eine Braut, Mohini,
ein gelbes Tigerweibchen. Ihr erster Wurf war enttäuschend gelb. Schließlich
wurde Mohini von ihrem Sohn trächtig, und die Jungen waren weiß. Es gibt nun
weiße Tiger in den Zoos ganz Indiens.
Tiger und Landschaften, Menschen und Denkmale, Romantik und Geschichte,
Berge und Flüsse: Madhya Pradesh ist einer der vielen Bausteine des Mosaiks
Indien, dieses riesigen, exotischen, schwer faßbaren und doch zugänglichen
Landes.
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