Der Ebene
entfliehen
Die Bergstationen Indiens waren eine britische Kreation. In den Tahen vor
den Klimaanlagen, Chinin und den Jets wurden die Frauen und Kinder der
britischen Offiziere die Opfer der Hitze der indischen Ebene, der Malaria
und langer Perioden der Trennung von Familienangehörigen (wenn sie dazu
entschlossen, auf die Britischen Inseln zurückzukehren).
Jemand machte dann die Entdeckung, daß die Berge Indiens ein sehr
britisches Klima boten: einen grünen Frühling, einen goldenen Sommer,
bronzenen Herbst und weißen Winter. Der gefürchtete Malariamoskito hielt
sich auch selten über 1500 Meter auf, und selbst wenn, konnten die Erreger
die Krankheit nicht übertragen.
Bergstationen wie Simla, Mussoorie und Naini Tal im Norden, Darjeeling und
Shillong im Osten, Matheran und Mount Adu im Westen sowie Ootacamund und
Kodaikanni im Süden entstanden und waren fast ein Klein-England. Es gab ,,englische”
Hütten mit englischen, irischen, schottischen und walisischen Namen
zwischen ,,englischen” Gärten und mit englischen Blumen an Straßen, die
jenen der Dörfer in der Heimat glichen.
Von Mitte März bis zum frühen November zogen die Memsahibs der Raj und
ihre Kinder in diese Hütten, und die Sprößlinge wurden in die britischen
Internatsschulen aufgenommen. Es gab Blumenläden, Picknicks, Teetänze,
Bälle und Amateurtheater, um die Damen und die sie besuchenden Herren bei
Laune zu halten. Später, als der Verwaltungsapparat des indisches Reiches
wuchs, begaben sich ganze Sekretariate in die Berge.
All dies hörte nach dem Niedergang des British Empire auf, erlebte jedoch
durch die zunehmend wohlhabend werdende indische Mittelklasse eine
Renaissance.
Die Bergstationen sind heute zwar etwas überentwickelt und übervölkert,
bewahren sich aber einen bestimmten unwirklichen Charakter.
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