Etwa 10 km nördlich von Agra berührt die nach Mathura und
Delhi führende Hauptstraße die Grabanlage des
Mogulherrschers Akbar. Von der Stadt Sikandra, die Sikander
Lodi hier Ende des 15. Jh. Erbaut hatte, sind ansonsten nur
noch spärliche Reste erhalten. Auch bei diesem Mausoleum
erfolgt der Zugang durch ein mächtiges Tor. Mit seinen vier
die Gebäudeecken überragenden Minaretten, der rotten mit
Marmoreinlegearbeiten dicht übersäten Sandsteinfassade und
den kunstvollen Kufibändern übertrumpft es in der
dekorativen Wirkung das eigentliche Mausoleum. Die Minarette
sind ganz in Marmor ausgeführt und ähneln denen Taj Mahal.
Ungewöhnlich ist die Gestaltung des Zentralbogens. Es öffnet sich unten ein
schmales Tor mit darüberliegender Galerie, die von einem
Bogen abgeschlossen wird, der mit den beiden oberen
Portalnischen in den Seitenflügeln korrespondiert. Die
Inschriften stammen vom Kufi künstler Amanat Khan, der auch
für die Kalligraphie am Taj Mahal verantwortlich war. Sie
sind hier jedoch nicht dem Koran entnommen, sondern persischen
Gedichten und stellen, wie bei den Moguln so oft, einen
Zusammenhang zwischen dem Grabgelege und dem Paradies her.
Eine breite gepflasterte, dammartige Allee führt auf die
eigentliche Grabstätte zu, die nach dem Vorbild des
Humayun-Mausoleum in eine weiträumige Parkanlage eingebettet
wurde, deren Gestaltungsprinzip sich dem Betrachter auf den
ersten Blick jedoch entzieht. In dem fünfstöckigen Bauwerk
mischen sich die typischen islamischen Bögen, minarettartige
Türme und betontes Zentralportal mit den säulengestützten
offenen Hallen hinduistischer Tempel. Zurückzuführen ist. Dieser Stilbruch
ist wahrscheinlich auf spätere Ergänzungen
durch Jahangir, der bezüglich der Architektur eine völlig
andere Auffassung vertrat als sein Vater. Zahlreiche kleine
Chattris und die terrassenartig zurückspringenden
Obergeschosse verleihen dem Mausoleum eine fast verspielte
Note. Das für Touristen leider nicht zugängliche Obergeschoß ist als offener, von Marmorgittern umgebener Hof
ausgelegt, in dessen Zentrum das Kenotaph Kaiser Akbars –
verziert mit den 99 Namen Allahs in Kufischriff – seinen Platz
hat. Der nahe Kontakt zum Firmament war dem Kaiser, wie
später auch seinem Sohn Jahangir, dessen Kenotaph in Lahore
ebenfalls unter freiem Himmel steht, seit jeher ein Anliegen.
Auf dem Zugang zum Grab heisst es denn auch
bezeichnenderweise. Mag seine Seele im Lichte Gottes wie die
Strahlen von Sonne und Mond leuchten. Der nüchterne Anblick
des in der Sonne gleißenden Marmorhofs trügt. Früher einmal
soll die Säule neben dem Kenotaph mit Gold überzogen gewesen
sein und den berühmten Diamanten Kohinoor getragen haben, der
heute zum britischen Kronschatz zählt. Der Edelstein wurde
bei der Plünderung des Grabes durch die Jats Ende des 17. Jh.
Ebenso geraubt wie die silbernen und goldenen Vertäfelungen,
Teppiche und Edelsteine, so dass es nunmehr schwer fällt,
sich ein authentisches Bild vom Prunk des Mausoleums zu
machen. Einer der Teppiche ist übrigens wieder aufgetaucht
und gelangte auf Umwegen über den Palast des Sikh-Herrschers
Rajit Singh in die Hände der Briten, die ihn ins Victoria
Albert Museum in London brachten.
Das eigentliche Grab des Herrschers, das noch heute von den
Einheimischen mit Blumen geschmückt wird, liegt in einer
düstren Gruft, die man durch den Haupteingang betritt.
Bedauerlicherweise sind die interessanten Wandmalereien mit
christlichen Motiven, darunter Engel – und
Mariendarstellungen, von denen europäische Reisende
berichteten, übertüncht worden zu sein , verschwunden. Man darf sie allerdings
nicht als Beweis für die Hinwendung Akbars zum Christentum
werten, sondern allenfalls als Modeerscheinung und Ausdruck
seiner religiösen Toleranz. Die Gebeine des Herrschers sind
allerdings nicht mehr zu finden. Bei ihrer Plünderung im
Jahre 1691 schändeten die Jats auch das Grab und verbrannten
sie.
Im Jahre 1619 hielt sich Jahangir einige Monate in der Stadt
auf, um einer Pestepidemie in Agra zu entgehen, und sein Sohn
Shah Jahan besuchte einige Male das Grab des Heiligen. Dann
wurde es ruhig um Fatehpur, und die Natur eroberte sich die
Bauwerke zurück. Bereits der Entschluß des Kaisers, mitten
in der Wildnis eine neue Stadt aus dem Boden zu stampfen, war,
trotz seiner unumschränkten Macht, ein Kühnes Unterfangen,
mehr aber noch die Konzeption. Losgelöst von den Konventionen
seiner Vorgänger – und auch seiner Nachfahren – verwirklichte
Akbar hier einen einzigartigen freien Entwurf, der den
hinduistischen und islamischen, auf Symmetrie bedachten
Grundrissen völlig zuwiderlief. Fatehpur Sikri ist damit
nicht zuletzt Ausdruck der exzentrischen, gleichermaßen
toleranten wie selbstbewußten Persönlichkeit dieses wohl
bedeutendsten Mogulherrscher. |