Ganz im äußersten Nordwesten von Madhya
Pradesh, nur ein paar Stunden mit dem Bus oder der Bahn von
Agra entfernt, liegt Gwalior mit seinem sehr alten und sehr
großen Fort. Im Fort stehen mehrere Tempel und Palastruinen.
Die dramatische und recht unterschiedliche Geschichte dieses
Forts reicht über einen Zeitraum von mehr als 1000 Jahren.
Die legendären Anfänge Gwaliors gehen auf ein Treffen von
Suraj Sen und dem Eremiten Gwalipa zurück. Gwalipa lebte
damals auf dem Hügel, auf dem heute das Fort steht. Der Eremit
heilte mit einem Schluck Wasser aus der Suraj Kund, die heute
noch im Fort zu sehen ist, Suraj Sen von der Lepra. Danach gab
er dem Geheilten einen neuen Namen, Suhan Pal, und sagte ihm
bei dieser Gelegenheit voraus, dass seine Nachkommen so lange
an der Macht bleiben würden, wie sie den Namen Pal trügen. Die
folgenden 83 Nachfahren befolgten diesen Rat, aber der 84.
hielt sich nicht mehr daran. Ahnen Sie, was geschah? Er nannte
sich Tej Karan, und schon war es vorbei mit dem Königreich! Sicherer dagegen ist folgende
Version: 1398 kam die Tomar-Dynastie in Gwalior an die
Macht. In den darauffolgenden Jahrhunderten erlebte das
Fort von Gwalior immer wieder Intrigen, Angriffe von
Nachbarstaaten und ähnlich Unerfreuliches. Der
mächtigste Herrscher dieser Tomar-Dynastie war Man
Singh, der 1486 an die Macht kam. Trotz seiner Stärke
unterlag er einer 1516 beginnenden Belagerung, nachdem
er sich vorher (1505) erfolgreich gegen einen Angriff
des Sikander Lodi von Delhi gewehrt hatte. Diese
Belagerung durch Ibrahim Lodi erlebte Man Singh nur in
den Anfängen, denn er starb. Sein Sohn hielt der
Belagerung noch ein Jahr stand, bevor er kapitulieren
musste. Später nahmen die Moguln unter Babur das Fort ein.
In ihren Händen blieb es bis 1754, dann nämlich waren
die Marathen die Überlegenen. Zwischenzeitlich hatte der
Enkel von Man Singh |
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Gwalior: Teli
ka mandir |
Gwalior |
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versucht,
das Fort zurückzuerobern, aber ohne Erfolg. Diese Aktion fiel
in die Zeit der Herrschaft von Akbar.
In den folgenden 50 Jahren ging das Fort auf die
unterschiedlichsten Besitzer über, zweimal sogar in britische
Hände. Schließlich war Scindias der Sieger, obwohl in
Wirklichkeit die Briten als geheime Drahtzieher die Kontrolle
ausübten. In der Zeit des Aufstandes von 1857 verhielt sich
der Maharadscha den Briten gegenüber zwar loyal, leider konnte
man dies aber von seinen Truppen nicht sagen. Später war das
Fort Mitte des Jahres 1858 Schauplatz der letzten und wohl
auch dramatischen Ereignisse des indischen Aufstandes. In
dieser Gegend besiegten die Engländer Tantia Topi, und bei
einem letzten Angriff auf das Fort wurde die Rani von Jhansi
getötet. Im Kapitel über Jhansi finden Sie Einzelheiten über
diese Heldin des Aufstandes. In Gwalior errichtete man der
tapferen Frau ein Denkmal.
Die Umgebung von Gwalior, besonders die Strecke zwischen Agra
und Gwalior, war in jüngster Vergangenheit berüchtigt wegen
der Raubüberfälle von Banditen. Sie griffen Touristen und
Einheimische an. Ihr Hauptquartier hatten sie in den Tälern
entlang des Chambal River, der die Grenze zwischen Rajasthan
und Madhya Pradesh bildet. Es kann Ihnen noch heute passieren,
daß Sie in dieser Gegend Männer treffen, die mit Waffen
herumlaufen.
Teil-ka-Mandir:
Auf der gegenüber-liegenden Seite des Forts, hinter dem
Wasserbecken, Suraj Kund, steht dieser Tempel aus dem 9.
Jahrhundert. Er ist recht eigenwillig konstruiert und
ausgeschmückt. Das Dach ist drawidisch, die Dekoration
dagegen im indo-arischen Stil. Der Tempel enthält viele
Skulpturen. Das 10 m hohe Tor schmückt ein Garuda.
Dieser Tempel ist das höchste Gebäude im Fort.
SEHENSWÜRDIGKEITEN |
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Das Fort:
Sie haben zwei Möglichkeiten, das Fort zu erklimmen:
entweder vom Südwesten oder vom Nordosten her. Der Weg
zum Fort von Nordosten beginnt beim Archäologischen
Museum und führt über einen breiten, kurvenreichen Hang
direkt zu den Türen des Man Singh-Palasts. Den
Südwesteingang erreichen Sie über eine lange,
gleichmäßig ansteigende Straße, vorbei am Jain-Skulpturn. Wer sich diesen Aufstieg zum Fort in der
heißen Jahreszeit zumutet, sollte sich auf eine anstrengende
Unternehmung gefasst machen; die Schweißperlen werden fließen!
Leichter erreichen Sie das Fort mit einer Auto-Rikscha oder
per Taxi über die Südweststraße. Sie können dann vom Palast
weiter zum Museum wandern, nachdem Sie das Fort besichtigt
haben. Sie sollten sich etwas zu Trinken mitnehmen, vor allem
in der heißen Jahreszeit. Der Hügel, auf dem das Fort steht,
erhebt sich 100 m über der Stadt und hat eine Länge von 3 km.
Seine Breite schwankt zwischen fast einem Kilometer und
weniger als 200 Metern. Die Mauern des Forts, die fast den
gesamten Hügel einfassen, sind beeindruckend stabil gebaut und
10 m hoch. Unterhalb der Mauer fällt die Landschaft in eine
weite Ebene ab. An klaren Tagen haben Sie von der Mauer des
Forts eine gute Sicht. Die engen und belebten Straßen der
Altstadt liegen im Südwesten, während der neuere und
großzügiger angelegte Stadtteil im Südosten zu suchen ist. Alt-Gwalior dagegen drängt sich an die Nord- und Nordostseite
des Hügels. Der Blick vom Fort und in der ummittelbaren
Umgebung gibt es viel zu sehen, obwohl die größte der
umsäumten Fläche ein freier Platz ist. |
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Gwalior:
Gujjar mahal |
Gwalior fort |
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Archäologisches
Museum:
Das Museum finden Sie im Gujari Mahal-Palast am Anfang des
Nordostaufgangs zum Fort. Diesen Palast ließ Man Singh für
seine Lieblingskönigin Mrignayani im 15. Jahrhundert bauen.
Das Gebäude ist inzwischen sehr heruntergekommen. Im Museum
wird eine Sammlung von Jain- und Hindu-Skulpturen zur Schau
gestellt, ferner Kopien der Fresken aus den Bagh-Höhlen. |
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Nordosteingang:
Auf dem Weg vom Nordostaufgang zum Man Singh-Palast
durchschreiten Sie mehrere Tore. Der Weg war früher mit
Stufen versehen, wurde aber inzwischen in einen stetig
ansteigenden Aufgang umgewandelt, der sich jedoch immer
noch besser für Füße als für Räder eignet. Das erste der
6 Tore ist das Alamgiri Gate aus dem Jahr 1660. Benannt wurde es nach Aurangzeb, der in
dieser Region damals Gouverneur von Alamgiri war. Tor Nummer 2
stammt aus der gleichen Zeit wie der Gujari Mahal-Palalst und
heißt Badalgarh, und zwar nach Badal Singh, einem Onkel des
Man Singh. Zeitweise hieß es auch Hindola Gate, nach einem
Hindol, das hier stand. Das dritte Tor, Bansur Gate, Diese ist
inzwischen verschwunden. Das interessante vierte Tor benannte
man nach dem Gott Ganesh mit dem Elefantenkopf und stammt aus
dem 15. Jahrhundert. Bei diesem Tor stehen ein kleines
Taubenhaus (Kabutar Khana) und ein kleiner Hindu-Tempel mit
vier Säulen. Er wurde dem Einsiedler Gwalipa geweiht, nach dem
das Fort und die Stadt ihren Namen erhielten. Dann kommen Sie
an einem Vishnu-Schrein aus dem Jahr 876 n. Chr. vorbei. Es
ist der Schrein des Vierarmigen, Chatarbhujmandir. Nahebei
liegt die letzte Ruhestätte eines Edelmannes, der 1518 sein
Leben opfern mußte, als er einen Angriff auf das Tor abwehren
wollte. Es folgen einige Treppen, die zu Jain-Skulpturen
führen, alle aus dem Fels gehauen. Sie entsprechen längst
nicht der Qualität, Größe und Bedeutung der Skulpturen an der
Südwestseite des Forts. An der Nordostseite finden Sie auch
noch Hindu-Skulpturen. Der Eingang zum Palast ist dann beim
Hathiya Paur (Elefanten-Tor). Innen im Palast war früher das
letzte Tor, Hawa Gate; es ist heute nicht mehr vorhanden. |
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Man Singh Palast:
Den eigentlichen Eingang zum Fort bildet der Palast (Man
Mandir), ein etwas absonderliches Gebäude. Es wurde auch unter
der Bezeichnung Chit Mandir bekannt, was soviel wie bemalter
Palast heißt. Dies nicht ohne Grund, denn er ist verziert mit
Kacheln und Malereien, auf denen Enten, Elefanten und Fasane
abgebildet sind. Das strahlende Blau, abwechselnd mit Grün und
Gold, fällt besonders ins Auge. Der Palast ist immer noch in
einem sehr guten Zustand. Man Singh ließ ihn in den Jahren
1486-1516 bauen, und 1881 wurde er repariert. Der Palast
besteht aus vier Etagen, zwei davon sind unterirdisch. Eines
haben sie gemeinsam: Sie sind verlassen. Die unterirdischen
Stockwerke sind auch in sommerlicher Hitze angenehm kühl.
Während der Mogulherrschaft benutzte man sie als
Gefängniszellen. Die Ostseite des Forts mit seinen sechs
Kuppeltürmen erhebt sich über dem Weg zum Eingang des Forts.
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Weitere
Paläste:
Die Mauern des Forts umschließen noch weitere Paläste,
hauptsächlich im Norden des Geländes. Keiner ist aber so
sehenswert und so gut erhalten wie der Man Singh-Palast.
Im Westen steht der Karan-Palast (Kirti Mandir), ein
langer, zweistöckiger Bau. Im Norden findet man den
Jahangiri – und den Shah Jahan-Palast mit einem sehr
großen und tiefen Wasserbecken. Der Jauhar Tank, nordwestlich
der Paläste, bekam seinen Namen nach dem Jauhar, einem
rituellen Selbstmord der Rajputen, der hier 1232 verübt wurde.
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Gwalior: Jai
vilas palace |
Gwalior:
Saas-bahu temple |
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Jai Vilas-Palast:
Früher war dies einmal der Palast der Familie Scindia.
Er liegt heute im neueren Teil der Stadt, stammt aber
aus dem Jahr 1809. Der Maharadscha lebt noch immer in
einem Teil des Palastes, dessen größten Teile inzwischen
aber ein Museum geworden sind. Es ist angefüllt mit
recht exzentrischen Stücken, von denen man eher annehmen
könnte, dass ein Hollywoodstar sie sammelt (geschliffenes
Glas aus Belgien, sogar in Form eines Schaukelstuhles. In
Anbetracht der vielen ausgestopften und von Motten
zerfressenen Tiger könnte man fast glauben, hier sei die
Hälfte aller indischen Tiger zusammengetragen worden. In einem
kleinen Sonderraum sind erotische Gegenstände ausgestellt. Zu
ihnen gehört auch die Darstellung der Leda in Marmor, die sich
mit ihrem Schwan amüsiert. Prunkstück ist aber eine kleine
Modelleisenbahn, die früher nach dem Essen Cognac und Zigarren
auf der Tafel herumfuhr. Vom Palasteingang haben Sie eine Weile zu
laufen, bis Sie den Teil umrundet habe, der noch bewohnt wird,
und Sie das Museum erreichen, Wenn Sie zum Fort hoch mit einer
Auto-Rikschafahren, lassen Sie sich nicht am Palasteingang
absetzen, sondern beim Museum.
Der Palast steht im Ortsteil Lashkar, der seinen Namen
"Feldlager" daher bekam, weil Daulat Rao Scindia 1809 an dieser
Stelle sein Lager aufschlug, um Scindia unter Kontrolle zu
bekommen. Auch der Moti Mahal-Palast steht in Lashkar; er
beherbergt ebenfalls ein Museum in seinen Mauern.
Sasbahu-Tempel:
Ungefähr in der Mitte der Ostmauer stehen die beiden Tempel
mit den Namen Schwiegermutter und Schwiegertochter. Vom Stil
her ähneln sich diese Tempel, beide stammen auch aus dem 9.
bis 11. Jahrhundert. Der größere von beiden hat ein reich
verziertes Fundament und über dem Eingang Vishnu-Figuren. Vier
riesige Säulen tragen das schwere Dach. |
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Südwesteingang:
Der lange Aufstieg zum Süd-westeingang führt durch eine
Schlucht. Unterwegs sehen Sie, in Fels gehauen, Jain-Skulpturen,
einige von ganz beachtlicher Größe. Ursprünglich waren
sie in der Mitte des 15. Jahrhundert in die Klippen
gehauen worden, wurden aber 1527 durch die Heerscharen
des Babur verstümmelt und danach wieder
hergerichtet. Die Skulpturen stehen in fünf
Gruppen zusammen und sind numeriert. In der Arwahi-Gruppe
steht als Nr. 20 die 17m hohe Statue des Adinath. Nr. 22 ist
die 11 m hohe sitzende Figur des Nemnath, des 22. Tirthankars
der Jains. Die bedeutendste Gruppe ist die im Südosten; sie
erstreckt sich über fast einen Kilometer Klippenwand und
enthält mehr als 20 Abbildungen. |
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Altstadt:
Das ganz alte Gwalior erstreckt sich über den Norden und
Nordosten des Hügels, auf dem auch das Fort steht. Sehr schön
ist die Jami Masjid aus dem Jahr 1661. Sie wurde aus Sandstein
Blöcken erbaut, die man aus dem Hügel brach. Im östlichen
Stadtteil hat der Moslemheilige Muhammad Ghaus sein Grab,
recht pompös und groß. Er spielte eine wesentliche Rolle bei
der Einnahme des Forts durch Babur. An den vier Ecken stehen
achteckige Türme. Die Kuppel war früher mit schimmernden
blauen Kacheln bedeckt. Wer sich für Architektur interessiert,
findet hier ein gutes Beispiel für frühe Mogulbauten. Nahe
diesem großen Grab finden Sie ein kleineres. In ihm ruht
Tansen, ein Sänger, dem Akbar besonders zugetan war. Wer
Ambitionen auf eine Karriere als Sänger hat, der kann die
Blätter des Tamarindenbaumen kauen, der neben dem Grab des
Sängers steht. Sie sollen Wunder an der Stimme vollbringen!
DIE UMGEBUNG VON GWALIOR |
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Die frühere Sommerresidenz Shivpuri
liegt 117 km südwestlich von Gwalior und 51 km östlich
von Jhansi. Die Straße verläuft durch einen Nationalpark,
und es kann Ihnen passieren, daß die Tiere sich auf der
Straße tummeln.
Unweit von Shivpuri gibt es einen See
mit sehr schönen umliegenden Parkanlagen. Die Straße von
Gwalior führt durch Narwar. |
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Gwalior:
Tansen tomb |
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Dort steht ein großes, altes Fort. Zwischen
Gwalior und Agra fahren Sie durch einen Landstrich, der zu
Rajasthan gehört, sich aber wie ein Finger nach Madhya Pradesh
vordrängt und an dieser Stelle Madhya Pradesh und Uttar
Pradesh trennt. Genau hier liegt Dholpur, wo die Söhne von
Aurangzeb miteinander um die Nachfolge kämpften. Ob sie diesen
Kampf auch dann ausgetragen hätten, wenn ihnen bewusst gewesen
wäre, dass das Mogulreich zerfallen wird? Das Fort Shergarh im
alten Staat Dholpur ist heute leider nur noch eine Ruine. Bei
Bari steht Khanpur Mahal, ein Pavillon-Palast von Shah Jahan, den er aber gar nicht erst bezog. Östlich der Bahnlinie, 61 km südlich von Gwalior in Richtung
Jhansi, steht auf einem Hügel eine Gruppe weißer Jain-Tempel.
Sie gehören zu jenen unerwarteten Erscheinungen, die man in
Indien immer wieder trifft und die ein bedeutender Bestandteil
des Subkontinents sind. Die nächste Bahnstation bei dieser
Sehenswürdigkeit ist Sonagir. Nur 26 km nördlich vom siebenstöckigen Palast des Raj Birsingh Deo. Die Stadt ist von
einer Steinmauer umgeben, hinter der der Palast im Westteil
liegt.
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